Predigt zu Lukas 4, 16-30 am Neujahrstag
Was erwarten Sie vom neuen Jahr?
Was erhoffen Sie sich: Gesundheit, gutes Familienleben, beruflicher Erfolg, schönes Gemeindeleben, mehr Frieden, … ? Was erwarten Sie dafür von Gott? Soll er Ihnen dabei helfen, Schutz geben und Sie lenken und führen?
Wir dürfen natürlich Wünsche haben und uns von Gott etwas erhoffen, aber was ist, wenn Gott unsere Hoffnungen und Erwartungen nicht erfüllt, sondern ganz anders handelt. Heute geht es um Menschen, die etwas von Jesus erwarten und Jesu Reaktion darauf.
Wir lesen die Geschichte aus Lukas 4, 16-30
16 Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf, um zu lesen. 17 Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61,1-2): 18 »Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit 19 und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« 20 Und als er das Buch zutat, gab er’s dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. 21 Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren. 22 Und sie gaben alle Zeugnis von ihm und wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Munde kamen, und sprachen: Ist das nicht Josefs Sohn? 23 Und er sprach zu ihnen: Ihr werdet mir freilich dies Sprichwort sagen: Arzt, hilf dir selber! Denn wie große Dinge haben wir gehört, die in Kapernaum geschehen sind! Tu so auch hier in deiner Vaterstadt! 24 Er sprach aber: Wahrlich, ich sage euch: Kein Prophet ist willkommen in seinem Vaterland. 25 Aber wahrhaftig, ich sage euch: Es waren viele Witwen in Israel zur Zeit des Elia, als der Himmel verschlossen war drei Jahre und sechs Monate und eine große Hungersnot herrschte im ganzen Lande, 26 und zu keiner von ihnen wurde Elia gesandt als allein nach Sarepta im Gebiet von Sidon zu einer Witwe. 27 Und viele Aussätzige waren in Israel zur Zeit des Propheten Elisa, und keiner von ihnen wurde rein als allein Naaman, der Syrer. 28 Und alle, die in der Synagoge waren, wurden von Zorn erfüllt, als sie das hörten. 29 Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war, um ihn hinabzustürzen. 30 Aber er ging mitten durch sie hinweg.
Zunächst geschieht nichts Außergewöhnliches.
Jesus geht am Sabbat in den Gottesdienst, und es war üblich, dass erwachsene Männer einen Text vorlasen und dazu etwas sagen konnten.
Was er dann aber sagt, ist schon gewaltig, wenn er behauptet: Mit mir erfüllt sich Gottes Verheißung. Ich bin Gott! Ich bin jetzt der Maßstab.
Stellen wir uns vor, so etwas würde hier passieren. Als freundliche Reaktion würde man vielleicht hören: „nun mal langsam, Junge!“ Etwas heftiger würde es dann auch bei uns heißen: „Der ist übergeschnappt!“
Und die Leute in Nazareth? Einige ärgern sich über ihn: Der ist eingebildet, das ist Gotteslästerung; andere sind beeindruckt über das, was ihr Jesus von sich gibt. Und alle bedrängen ihn: Zeige uns, was du kannst, beweise es, dass das stimmt, was du sagst. Jesus durchschaut sie und sagt: Ihr wollt, dass ich tue, was ihr wollt, damit ihr dann urteilt, ob ihr mit mir zufrieden seid, ob ich gut und brauchbar für euch bin oder nicht.
Jesus macht deutlich: Gott ist keine verfügbare Masse, den wir für unsere Belange einsetzen oder auch abschieben können. Gott ist der Herr. Er ist frei, da etwas zu tun, wo er es will. Er ist euer Herr und nicht euer Diener.
Dieses Verhalten der Nazarener ist uns nicht unbekannt.
In unserem Miteinander läuft es häufig nach dem gleichen Muster: Wenn der andere sich so verhält, wie wir es uns vorstellen, dann ist er gut und sonst taugt er nichts.
In unserem Verhältnis zu Gott denken wir oft genauso: Gott soll uns helfen, dass es uns gut geht, und wenn er das nicht tut, dann kann mit Gott etwas nicht in Ordnung sein. Wenn er anders handelt, als wir es uns vorstellen, dann stellen wir Gott in Frage.
Aus dieser Haltung kommen die meisten Glaubenszweifel:
So gibt es viele kirchenferne Menschen, die ihre Erwartungen an Gott nicht erfüllt sehen und ganz mit dem Glauben abschließen. Und Menschen, die lange bei der Kirche dabei waren und plötzlich Leid erfahren, erleben plötzlich eine große Verunsicherung im Glauben.
Aber Gott ist nicht unser Diener, sondern unser Herr.
Das hat Jesus den Menschen in Nazareth deutlich gemacht, und dass macht er auch uns manchmal deutlich, indem er die Erwartungen nicht erfüllt. Jesus möchte, dass wir uns bedingungslos an Gott binden und nicht an ein Wunschbild von Gott oder an die gewünschten Gaben Gottes.
Was können wir uns denn nun von Jesus erhoffen?
Sollen wir gar nichts mehr erwarten? Doch, aber bei dem, was wir uns von Gott wünschen, müssen wir Gott die Freihet lassen, auch anders zu entscheiden. Deshalb beten wir im Vater Unser „Dein Wille geschehe“. Wir können nicht von Gott erwarten, dass er unsere Wüsnche erfüllt; wir können von ihm erwarten, dass er erfüllt, was er uns zugesagt hat.
Die Zusage Gottes besteht darin, dass das vollkommene Heil Gottes, das in der Ewigkeit Gottes umfassend alles bestimmt und das in Jesus Christus sichtbar und erlebbar in diese Welt gekommen ist, auch für uns Wirklichkeit werden kann, wenn wir durch den Glauben mit Jesus verbunden sind.
Die wunderbare Botschaft des Evangeliums besagt, dass das, was Christus ist, nun ich sein kann. Es gilt mir, zählt für mich: Seine Geborgenheit in Gott, seine Einheit mit Gott, seine Freude, sein Friede, seine Liebe, ohne Sorge, ohne Angst, Leben aus der Ewigkeit und hin zur Ewigkeit. All das gilt in Verbindung mit Jesus für mich, das kann ich so erfahren und leben. Was für eine großartige und unfassbare Möglichkeit für ein ganz neues Leben.
Und wenn wir das alles in der Gemeinschaft mit Christus erfahren, dann sind unsere eigenen Wünsche gar nicht mehr so wichtig, sondern es entsteht die tiefe Sehnsucht, immer mehr eins zu werden mit Christus, mit dem, was Gott möchte für unser Leben und für diese Welt, weshalb Jesus ja in die Welt gekommen ist.
In der Nachfolge Jesu wollen wir dann auch von Jesus lernen, im Handeln mehr eins zu werden mit ihm und uns an seinem Vorbild zu orientieren.
Gott möchte, dass seine ewige Welt hier ein stückweit Wirklichkeit wird und dazu will er uns gebrauchen. Was das bedeutet, sagt Jesus hier, z. B.: den Armen (in allen Belangen bedürftigen Menschen) gute Nachricht bringen; den Gefangenen verkündigen, dass sie frei sein sollen, aus jeder auch der inneren Gefangenschaft; die Blinden sehen, die Misshandelten werden frei; das Gnadenjahr wird ausgerufen und alle werden begnadigt. Diese Gnade Gottes sollen wir an alle Menschen weitergeben und sie ihnen mitteilen.
Beides gehört zusammen:
Je enger ich mit Christus verbunden bin, desto mehr erfahre ich seine Ewigkeit, alles was er uns bringt an Liebe, Freude, Hoffnung, Geborgenheit, Frieden; desto mehr wächst der Wunsch, dass ich in meinem Tun eins werde mit seinen Wünschen und mit seinem Willen. Das heißt, ihm nachzufolgen, auch wenn es Leid bedeutet.
So werden wir zu Beginn des Jahres gefragt:
Will ich stehen bleiben bei meinen eigenen Wünschen und Erwartungen und vielleicht darauf hoffen, dass Gott und der Glaube an Jesus mir dabei hilft, oder stelle ich meine Wünsche zurück und suche zuerst die Einheit mit Jesus, in dem was er mir geben will und was ich für ihn tun kann.
Jesus sagt in Markus 8,35 „Wer sein Leben erhalten will, der wird´s verlieren; und wer sein Leben
verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird´s erhalten.“