Predigt zu Markus 9, 17-27 am 17. Sonntag nach Trinitatis
Kennen Sie das, dass Sie von etwas fasziniert sind, darüber staunen und begeistert sind,
zum Beispiel Technik, Funktion eines Computers, Internet, von einem Menschen, den sie lieben oder von einem Star oder Künstler, Musik, einem Kunstwerk, einem Buch oder schönem Essen. Man kann dann so davon angezogen und in Beschlag genommen werden, dass alles andere zweitrangig wird.
Markus hat das Evangelium geschrieben, um uns zu faszinieren und zu begeistern, von Jesus.
Er selber wurde fasziniert durch Berichte von Petrus und anderen Aposteln, und nun möchte er andere begeistern, bis in unsere Zeit, und auch uns.
Heute haben wir einen ganz besonderen Abschnitt, eine dramatische Geschichte.
17 Einer aber aus der Menge antwortete: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. 18 Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn zu Boden; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten’s nicht. 19 Er antwortete ihnen aber und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! 20 Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn hin und her. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. 21 Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist’s, dass ihm das widerfährt? Er sprach: Von Kind auf. 22 Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! 23 Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. 24 Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! 25 Als nun Jesus sah, dass die Menge zusammenlief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein! 26 Da schrie er und riss ihn heftig hin und her und fuhr aus. Und er lag da wie tot, sodass alle sagten: Er ist tot. 27 Jesus aber ergriff seine Hand und richtete ihn auf, und er stand auf.
Es ist eine spannende Geschichte:
Jesus kommt gerade vom „Himmel“, vom Berg der Verklärung, wo er mit drei Jüngern war und mit Elia und Mose zusammentraf. Und nun kommt er so richtig zurück in die Niederungen menschlichen Lebens und christlichen Lebens zurück.
Ein Vater ist da mit seinem kranken Sohn, ganz verzweifelt und ohne Hoffnung. Er sucht Hilfe. Vielleicht hat er schon viel versucht, dann von Jesus gehört, der nun seine letzte Hoffnung ist. Und die Jünger haben so richtig versagt. Man kann sich das vorstellen: die Enttäuschung des Vaters und der Spott der Gegner Jesu: „Seht ihr, was an eurem Glauben dran ist.” Die Jünger stehen blamiert da und bekommen auch noch einen Rüffel von Jesus.
Und dann passiert es doch noch. Der Sohn wird geheilt. Zuerst scheint er tot zu sein, aber dann steht er ganz gesund auf.
Jesus macht allen, dem Vater, den Jüngern, den Spöttern und uns deutlich, worauf es ankommt: auf den Glauben an Gott, an das unbedingte Vertrauen in Gottes Liebe und Macht.
Eine faszinierende, spannende Geschichte, aber nun kommen die modernen skeptischen Fragen:
Wie ist das mit den bösen Geistern? Gibt es die oder gibt es sie nicht?
Früher habe ich gedacht: Das muss man anders erklären durch böse Einflüsse oder mit irgendwelchen Krankheiten, aber dann habe ich erlebt, wie Jugendliche von der okkulten Szene gefangen waren und auch in den Medien davon gehört, dass dieser Einfluss Menschen bis hin zum Mord treiben kann. Und Menschen, die sich haben „besprechen“ lassen, waren gefangen davon und hatten Schwierigkeiten mit dem Glauben.
Gibt es wirklich nur das, was wir sehen und erklären können, oder gibt es vielleicht doch mehr Kräfte zwischen Himmel und Erde, die wir nicht erklären können?
Manche meinen, mit den Krankenheilungen das war nicht so, sondern die mentale Stärke Jesu hat dem Kranken geholfen. Ich bin mir sicher, dass Jesus wirklich Kranke geheilt hat, und auch heute gibt es dafür unzählige Beispiele, dass Gott wirklich Krankheiten heilt.
Aber wie auch immer wir darüber denken, über eins sind wir uns sicher einig, dass es Dinge gibt, die unser Leben, unser Glück, unseren Frieden zerstören und die uns am guten Leben hindern,
zum Beispiel Krankheiten, Sorgen, Probleme oder der Tod. Wir kennen auch die Redewendung „da herrscht kein guter Geist”, wenn zum Beispiel Menschen von Hochmut, Intrigen, Eifersucht, Neid oder Trübsinn bestimmt werden.
Dagegen kämpft Jesus an und seine Antwort heißt: Glaubt an Gott,
nicht ein bisschen bei Kirche mitmachen, oder ein bisschen christlich gesinnt sein, sondern ganz und gar eins werden mit Gott, sich voller Vertrauen in Gottes Hand geben; mit der Zuversicht leben, die Gott hat; das gleiche wollen, was Gott will; sich nach den gleichen Dingen sehnen, wie Gott es tut; sich über das freuen, worüber Gott sich freut; an den Dingen leiden, an denen Gott leidet und in der Liebe und Gelassenheit leben, die Gott hat; ganz und gar zum Werkzeug Gottes werden, ein verlängerter Arm Gottes in der Welt.
So eins war Jesus mit Gott, und deshalb war er heil und konnte heilen wie Gott. Deshalb konnte er so faszinierende Dinge tun, dass die Menschen sagten: „Was ist das für ein Mann“, oder sie entsetzten sich.
Jesus will seinen Jüngern und uns deutlich machen: Zu dieser Kraft Gottes, Liebe, Trost und Zuversicht habt ihr Zugang, wenn ihr glaubt!
Jesus ist oft traurig und fragt: Warum glaubt ihr denn nicht? Wie lange soll ich das noch ertragen? Und manchmal ist es ja auch zum Haare ausraufen mit uns: Wie oft sind wir misstrauisch gegenüber Gott und zweifeln, ob er uns wohl helfen will; wir können uns nicht abfinden mit den Wegen Gottes, ob sie wirklich gut für uns sind; wie oft sind Wut und Verbitterung stärker als die Liebe zu den Feinden und wie oft spielt Gott überhaupt keine Rolle in unseren Gedanken und Plänen. Wir sind da in guter oder schlechter Gemeinschaft mit den Jüngern.
Manchmal ist der Glaube unter uns spürbar,
wenn jemand geborgen und voller Hoffnung auf die Ewigkeit auf das Sterben zugeht; wenn jemand innerhalb von Turbulenzen getrost und gelassen sein kann oder jemand sich von Anfeindungen nicht beeindrucken lässt.
Aber wieviel mehr könnte doch unser Glaube sein!
Wieviel mehr Trost und Geborgenheit könnte unser Leben bestimmen; wieviel mehr Bitte um Vergebung und Vergeben könnte es unter uns geben; wieviel mehr Sehnsucht Gottes nach den verlorenen Menschen, die nicht glauben und Liebe unter uns, Liebe zu den Feinden und Leben im Geist Gottes könnte unter uns Christen vorhanden sein, die Macht, die Leben und Gemeinschaft zerstört, überwunden werden.
Wir müssen uns fragen lassen, was wir denn wollen
als Kirche, als Christen, als Gruppen in der Kirche: ein bisschen nette Stimmung, Christlichkeit und soziale Gesinnung, oder sind wir fasziniert von Christus und wollen mehr so sein wie er, mehr eins sein mit Gott, und uns und anderen helfen, diese Einheit mehr zu finden.
Dafür sind der Gottesdienst und Treffen in der Gemeinde da, dass Christen gemeinsam singen, beten, loben, Gottes Wort hören, damit der Glaube stärker wird.
Jesus sagt: Der einzige Weg, damit das geschehen kann ist: betet!
Damit meint er nicht eine bestimmte Form des Gebets, sondern dass wir uns voller Vertrauen unserem himmlischen Vater zuwenden, in aller Stille ihm alles erzählen, auf ihn hören und von ihm seine Kraft empfangen.
Das ist der Weg, um immer wieder Zugang zu bekommen zur Kraft Gottes, als Einzelne, als Gemeinde und als Gruppe in der Gemeinde, auch und gerade dann wir keine Kraft mehr haben, und uns die Kraft zum christlichen Leben fehlt.
Aber einen Trost gibt Jesus uns hier noch:
Selbst wenn unser Glaube schwach ist und wir oft zweifeln und fragen: Gott, kannst du überhaupt helfen oder willst du es wie beim Vater in der Geschichte, dann ist er dennoch bei uns: Das Gebet: „Herr, ich möchte glauben, hilf meinem Unglauben” verbindet uns mit ihm. Und das ist unsere Hoffnung, dass am Ende sein Sieg auch für uns gilt, für die Ewigkeit. Nicht weil unser Glaube so stark war, sondern weil sein Glaube so stark ist und wir mit ihm verbunden sind.