Predigt zu 2. Timotheus 1, 7-10 am 14. Sonntag nach Trinitatis
Wenn ein Jugendlicher sich in der Schule zum christlichen Glauben bekennt,
wird er mitleidig belächelt und als etwas rückständig und weltfremd angesehen. Wenn Konfirmanden sagen, dass sie an Jesus glauben, dann wird ihnen schon bei der Konfirmationsfeier eingeredet, dass das wie eine kurze Krankheit bald wieder vorbeigeht, spätestens wenn sie erwachsen und vernünftig werden. Wenn Sie als Erwachsener am Arbeitsplatz sagen, dass Sie sich in der Kirche engagieren, dann gelten Sie im günstigen Fall als sozial Interessierter. Wenn Sie als evangelischer Christ regelmäßig zum Gottesdienst gehen, dann gelten Sie als Spaßverderber für gemeinsame Wochenendaktivitäten oder der andere sagt nicht, aber denkt: „Ich habe ihn eigentlich für einen normalen Menschen gehalten. Ob er Probleme hat? Ich sollte ihm einen Psychologen empfehlen.“
Wenn Sie aber sagen, dass Sie an Jesus Christus glauben, dann ist die Verwirrung im Gesicht Ihres Gegenübers komplett und er fragt sich, ob Sie zu einer Sekte gehören, sich auf einem Esoteriktrip befinden oder sich in einer Lebenskrise befinden, oder der andere fängt mit intellektueller Noblesse ein Gespräch über allgemeine religiöse Fragen an.
Vielleicht ist manches etwas übertrieben, aber die meisten Menschen erleben ihre Umgebung als kirchen- und glaubensfeindlich.
Es gilt als zeitgemäß:, den christlichen Glauben in Frage zu stellen, gegen Glaube und Kirche zu sein und sich stattdessen seinen eigenen Glauben aus allen Religionen und eigenen Gedanken zusammenzubauen, eine „Patchwork-Religion“, die wenig mit Bibel und Kirche zu tun haben darf.
Wie gehen wir in dieser Situation mit unserem Glauben und unserem Bekenntnis zum Glauben um?
Wir lesen jetzt einen Abschnitt aus der Bibel aus 2. Timotheus 2, 7-10, der auf diese Frage eingeht:
7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. 9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, 10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium,
Paulus saß wieder einmal im Gefängnis, wahrscheinlich zusammen mit anderen Christen. Die Umgebung war nicht glaubensfreundlich, sondern glaubensfeindlich.
Aber viel mehr Sorgen machte ihm die Gemeinde. Da gab es zunehmend Leute, die den Glauben an Jesus verfälschten.
Einige nahmen sich aus der jüdischen Religion irgendwelche Ahnenregister und stellten darüber theologische Spekulationen an. Andere nahmen Gedanken aus der griechischen Gnosis, vergleichbar mit der heutigen Esoterik und vermischten sie mit dem christlichen Glauben. Sie hielten sich für bessere Christen und sahen auf die herab, die wie Paulus und Timotheus einfach an Jesus glaubten. Sie meinten, mit dem Besitz des Geistes seien sie schon in einem vollkommenen Zustand. Der Geist sei schon auferstanden und das Körperliche spiele keine Rolle. So brachten sie Streit in die Gemeinde und viele wurden in ihrem Glauben verunsichert und fragten sich, ob das, was Paulus ihnen gesagt hatte noch stimme; ob das, was ihnen Timotheus als Gemeindeleiter sagte, richtig sein und ob sie Jesus überhaupt noch nötig hätten.
Timotheus scheint in der Situation mit seinen Kräften am Ende zu sein. In 1,4 ist von seinen Tränen die Rede. Und Paulus sagt in 2,16: „ihr Wort frisst um sich wie ein Krebs.“
Was gibt Paulus Timotheus und uns mit auf den Weg?
Im letzten Vers unseres Abschnittes macht Paulus deutlich: Bei Jesus geht es nicht um eine mehr oder weniger interessante Person aus der Vergangenheit und auch nicht um einen Religionsstifter unter Anderen, sondern es geht, um den Herrn der Welt, um den auferstandenen Herrn, der die Ewigkeit Gottes, das Licht Gottes in unser Leben gebracht hat, der uns die Tür zur Ewigkeit geöffnet hat und der auch heute noch mächtiger ist als alles andere, selbst als der Tod.
Darum, sagt Paulus: „Schäme dich nicht des Zeugnisses von unserem Herrn …, sondern leide mit mir für das Evangelium.
Die Frage müssen wir uns als Einzelne und als Kirche stellen: Schämen wir uns für Jesus,
nicht in der Kirche, sondern draußen vor der Welt? Halten wir Jesus noch interessant genug für die moderne Welt, oder denken wir, er muss aufgepeppt werden mit Gedankengut aus anderen Religionen oder mit irgendwelchen menschlichen klugen Sätzen? Haben wir Angst, uns mit Jesus zu blamieren? Ist er uns peinlich?
Sind wir bereit, um Jesu willen Nachteile in Kauf zu nehmen? Haben wir Angst davor?
Nein, sagt Paulus, wir haben keine Angst, denn Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Kraft:
Gottes Geist gibt uns die Kraft zum Durchhalten, die Kraft, um seinetwillen verspottet, belächelt abgelehnt zu werden oder Schlimmeres zu erleiden.
Und es ist der Geist der Liebe.
Wir geben das Zeugnis von Jesus nicht, um andere mit unseren Argumenten zu besiegen, oder deswegen geliebt oder bewundert zu werden, sondern wir wollen ihnen zeigen, welch einen wunderbaren Herrn wir haben, wie wertvoll der Glaube an Jesus ist, und anderen einen Hinweis darauf geben.
Und es ist auch ein Geist der Besonnenheit.
Wir müssen uns nicht auf Glaubensstreitereien einlassen oder die Wahrheit mit Macht durchsetzen, sondern wir können mit Ruhe und Gelassenheit unseren Glauben bezeugen und uns zu Jesus bekennen.
Eigentlich, sagt Paulus, können wir gar nicht anders, als uns treu zu Jesus zu bekennen,
denn Jesus hat uns nicht nur selig gemacht und damit die Ewigkeit geschenkt, sondern er hat uns berufen mit einem heiligen Ruf. Er hat uns gepackt und gebraucht uns, um sein Werk fortzuführen. Petrus sagt in Apostelgeschichte 4, 20: „Wir können es nicht lassen, von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben.“ Und Jesus selbst sagt in Johannes 15, 16: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt, dass ihr hingeht und Frucht bringt.“
So ist jeder Christ berufen, auch Sie.
Wenn es Ihnen einmal schwerfällt, treu zu Jesus zu stehen, und Sie sich alleine und verlassen fühlen, dann erinnern Sie sich daran: Sie haben sich nicht selbst dazu beauftragt und Sie sind nicht allein, sondern der auferstandene Herr hat Sie dazu berufen, und er steht an Ihrer Seite.