Predigt zu 2. Mose 34, 4-10 am 17. Sonntag nach Trinitatis
4 Und Mose hieb zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand. 5 Da kam der HERR hernieder in einer Wolke und trat daselbst zu ihm. Und er rief aus den Namen des HERRN. 6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, 7 der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied. 8 Und Mose neigte sich eilends zur Erde und betete an 9 und sprach: Hab ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein. 10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschaffen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.
In einem Lied habe ich einmal die Zeile gelesen: „Gott, der uns vom Tod zum Leben führt“.
Das ist eine wunderbare Aussage, aber glauben wir das,
vertrauen wir darauf, dass das auch für uns wahr ist? Einige sagen: „Ja, das glaube ich, darauf vertraue ich ganz fest. Ich habe daran keinen Zweifel.“ Das ist großartig, wenn man das kann. Aber es kann jedem passieren, dass er anfängt zu zweifeln, wenn er durch schwere Zeiten geht oder Dinge im Leben anders laufen, als er es sich vorgestellt hat. Andere aber haben auch grundlegende Zweifel oder können das einfach nicht glauben, weil sie viel Leid erlebt haben, Gott nicht gespürt haben, das ganze Leid in der Welt sehen und sich fragen: Wo ist Gott? Wie soll man das glauben, wenn man Gott nicht sieht?
Das alles sind Zweifel, die manchem Menschen den Glauben an Jesus und auch das Leben schwer machen.
Es ist nicht richtig, wenn Christen manchmal auf solche Zweifel mit Vorwürfen reagieren,
als wäre der Zweifel an Gott ein moralischer Makel, zum Beispiel wenn Konfirmanden oder junge Erwachsene Zweifel haben. Die Geschichte des Glaubens ist war immer auch eine Geschichte des Zweifels. Wir sehen ihn bei den Jüngern, bei Martin Luther und vielen anderen Persönlichkeiten, die wir wegen ihres Glaubens bewundern. Es war aber gleichzeitig auch immer eine Geschichte, wo Menschen versuchen, ihre Zweifel zu überwinden.
Darum ist es auf der anderen Seite genauso falsch, dass viele Menschen so wenig gegen ihre Zweifel tun,
sie nicht ernst nehmen und nicht ernsthaft dagegen angehen. Oft werden die Zweifel sogar gepflegt. Manche Menschen halten sich an den Zweifeln fest. Zweifel sind modern geworden! Wenn wir aber gegen Zweifel nichts tun, dann können sie wie ein Krebsgeschwür unser Vertrauen in Gott immer mehr zerstören.
Wir müssen uns zwei Dinge bewusst machen, wenn es um unsere Zweifel an Gottes Zuverlässigkeit geht.
Als erstes: Kein Mensch lebt ohne einen Gott. Jeder Mensch setzt sein Vertrauen auf irgendetwas oder irgendjemand und orientiert sich auch daran.
Das kann zum Beispiel die Anerkennung durch andere Menschen, materieller Wohlstand, ein anderer Mensch oder auch man selbst sein. Martin Luther sagt: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ In dem Sinne gibt es keine Atheisten, also Menschen ohne Gott. Es gibt viele, die nicht an den Gott der Bibel glauben, aber jeder hat irgendeinen Gott. Die Frage ist nur, worauf ich vertraue und wovon lasse ich mich leiten?
Als zweites: Auf welchen Gott ich vertraue, das hat Konsequenzen!
Wenn zum Beispiel ein anderer Mensch für mich zum Gott wird, jemand aus der Familie, ein Star oder eine Führerpersönlichkeit, dann kann er mir Halt geben, aber nur solange, wie er selber Halt hat. Wenn er stirbt oder sich abwendet, dann werde ich haltlos und zerbreche. Er kann mir Orientierung geben, aber wenn er Fehler macht, dann mache ich die Fehler mit. Im negativen Extrem lebte davon das 3. Reich mit der Naziideologie.
Wenn der materielle Wohlstand unser Gott ist, dann ordnen wir alles andere dem unter. Werte, die aus dem Glauben an Jesus kommen, spielen dann nur eine nachgeordnete Rolle, und das hat auch Konsequenzen für nachfolgende Generationen, oder wie es in unserem Text heißt: „bis ins dritte und vierte Glied“.
Diese Liste können wir fortsetzen. Alle anderen Götter sind hart und unerbittlich und fordern große Opfer, und können uns letztlich nicht zum Leben führen.
Das Volk Israel macht hier auch so eine Erfahrung mit Gott.
Sie hatten viel mit Gott erlebt: der Auszug aus Ägypten, die neu gewonnene Freiheit, die große Verheißung und die Führung durch die Wüste. Und nun hatten sie Zweifel an Gottes Fürsorge für sie. Sie fühlten sich von Gott verlassen, weil etwas anders lief als sie es ich vorgestellt hatten. Sie verlieren ihr Vertrauen und fangen an zu zweifeln. Im Zweifel machen sie sich ein Stierbild, den Gott der Ägypter. Sie suchen sich einen anderen Gott, der ihnen Halt und Orientierung geben soll.
Und nun macht das Volk eine neue Erfahrung mit Gott, nämlich wie Gott mit ihnen umgeht, wenn sie sich von ihm abwenden. In drei Punkten will ich zusammenfassen, was in unserem Abschnitt steht:
- Gott ist ehrlich! Er schmiert den Menschen keinen Honig um den Bart und sagt auch nicht, dass das alles nicht so schlimm ist, sondern dass ihr Verhalten Konsequenzen hat. Sie werden in ihr Unglück rennen und nicht zum wahren Leben kommen, wenn sie Gott nicht vertrauten.
- Gott ist barmherzig! Er gibt dem Volk Israel und uns immer wieder die Möglichkeit, mit ihm neu anzufangen, ihm immer mehr zu vertrauen und sich wieder neu an ihm zu orientieren. Gott gibt diese Möglichkeit, wenn wir uns ihm wieder neu zuwenden.
- Gott verspricht, viel Gutes zu tun. Das ist die Konsequenz, wenn wir Gott vertrauen. Es ist logisch, denn in der Gemeinschaft mit Gott kann man nur Gutes empfangen. Das ist die Erfahrung, die das Volk Israel nun mit Gott gemacht hat. So lernt es Gott kennen. Und nun können sie neu entscheiden, wem sie vertrauen wollen.
Wir haben noch viel mehr von Gott kennengelernt. In Jesus Christus hat Gott sich ganz deutlich gezeigt. Aber diese drei Dinge macht Gott auch uns klar.
Darum ist es so wichtig, dass wir unsere Zweifel und die Zweifel anderer Menschen ernst nehmen und immer wieder gemeinsam alles daransetzen, die Zweifel zu überwinden.
Was können wir dafür tun?
Zweifel werden nicht durch Diskussionen und Beweissuche überwinden, sondern indem wir uns zunächst bewusst machen, worauf wir vertrauen und unser Leben aufbauen wollen, und uns dann mit Gott beschäftigen, mit ihm ringen und nicht loslassen, zum Beispiel indem wir beten, uns mit der Bibel, mit Jesus und mit den Erfahrungen anderer Christen beschäftigen.