Predigt zu Apostelgeschichte 9, 1-20 am 12. Sonntag nach Trinitatis
Wie oft haben Sie sich in Ihrem Leben schon bekehrt?
Bekehrung heißt, seinem Leben eine neue Richtung geben. Wie oft gab es schon kleinere oder größere Bekehrungen in Ihrem Leben: vom Rauchen zum Nichtrauchen, vom Vegetarier zum Fleischesser oder umgekehrt; von einem Partner zum anderen; vom Draufgänger zum braven Familienmenschen; vom Workaholic zu mehr Entspannung; vom Faulenzer zum fleißigen Menschen, usw.?
So leicht bekehren wir uns aber nicht.
Dazu sind wir viel zu bequem und je älter wir werden desto schwerfälliger sind wir. Da muss uns schon etwas geboten werden an mehr Lebensqualität, an Glück, Erfolg und anderen schönen Dingen. Dann sind wir vielleicht bereit, das Alte aufzugeben und uns auf etwas Neues einzulassen.
Gehen wir vielleicht genauso mit dem Glauben an Jesus um?
Jesu zentrale Botschaft ist: „Kehrt um! Ändert die Richtung eures Lebens! Das Reich Gottes ist nahe“, das heißt es ist jetzt da. Lasst euch ganz darauf ein! Die Bibel fordert uns ständig auf, uns an Jesus und seiner Botschaft zu orientieren.
Und wie reagieren wir?
Vielleicht sagen Sie: „Ich will nicht schon wieder etwas Neues. Die Welt überflutet mich mit Neuem. Soll ich mich schon wieder anstrengen? Ich will meine Ruhe!“
So oder ähnlich reagieren wir häufig, es sei denn wir merken, dass das, was uns da angeboten wird, sehr interessant sein kann für unser Leben.
Und so beschäftigen wir uns häufig auch mit der Bibel, hören Predigten, beten, immer mit der Frage: Gott, was bietest du mir an Halt, Hoffnung, Freude, Lebensqualität, Zuversicht und mehr? Ist das, was du mir bietest, so interessant, so bereichernd und hilfreich für mein Leben, dass es sich für mich lohnt, mich dafür neu zu orientieren, zu bekehren?
Vielleicht vergleichen wir es dann noch mit anderen Angeboten aus der Wissenschaft, Freizeitangeboten, Familienfrühstück, anderen religiösen Angeboten, um dann jeweils zu entscheiden, wovon wir uns mehr für unser Leben versprechen, wohin wir uns bekehren.
Wir lesen jetzt, wie das mit der Bekehrung von Paulus war:
1 Saulus verfolgte die Jünger und Jüngerinnen des Herrn weiterhin voller Wut und mit schweren Drohungen. Er ging zum Obersten Priester 2 und ließ sich Briefe an die jüdischen Gemeinden in Damaskus geben. Darin wurde ihm die Vollmacht erteilt, auch dort nach Anhängern der neuen Lehre zu suchen und sie gegebenenfalls – Männer wie Frauen – festzunehmen und nach Jerusalem zu schaffen. 3 Auf dem Weg nach Damaskus, kurz vor der Stadt, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. 4 Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« 5 »Wer bist du, Herr?«, fragte Saulus. Die Stimme sagte: »Ich bin Jesus, den du verfolgst! 6 Aber steh auf und geh in die Stadt! Dort wirst du erfahren, was du tun sollst.« 7 Den Männern, die Saulus begleiteten, verschlug es die Sprache. Sie hörten zwar die Stimme, aber sie sahen niemand. 8 Saulus stand von der Erde auf und öffnete die Augen – aber er konnte nichts mehr sehen. Da nahmen sie ihn an der Hand und führten ihn nach Damaskus. 9 Drei Tage lang war er blind und aß nichts und trank nichts.
10 In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Dem erschien der Herr und sagte: »Hananias!« »Ja, Herr«, antwortete er. 11 Der Herr sagte: »Steh auf, geh in die Gerade Straße in das Haus von Judas und frag nach Saulus aus Tarsus. Er ist dort und betet. 12 In einer Vision hat er gesehen, wie ein Mann namens Hananias zu ihm kommt und ihm die Hände auflegt, damit er wieder sehen kann.« 13 Hananias antwortete: »Herr, ich habe von vielen Seiten gehört, wie viel Böses dieser Mann in Jerusalem deiner Gemeinde angetan hat. 14 Und jetzt ist er hier und hat von den führenden Priestern die Vollmacht, alle zu verhaften, die sich zu deinem Namen bekennen.« 15 Aber der Herr sagte: »Geh nur hin! Gerade ihn habe ich als mein Werkzeug ausgesucht. Er wird meinen Namen den nichtjüdischen Völkern und ihren Herrschern bekannt machen und auch dem Volk Israel. 16 Und ich will ihm zeigen, wie viel nun er für das Bekenntnis zu meinem Namen leiden muss.« 17 Da ging Hananias in jenes Haus. Er legte Saulus die Hände auf und sagte: »Bruder Saul, der Herr hat mich geschickt – Jesus, der dir unterwegs erschienen ist. Du sollst wieder sehen können und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.« 18 Im selben Augenblick fiel es Saulus wie Schuppen von den Augen und er konnte wieder sehen. Er stand auf und ließ sich taufen. 19 Dann aß er etwas und kam wieder zu Kräften. 19 Saulus war erst ein paar Tage bei den Jüngern und Jüngerinnen in Damaskus, 20 da ging er auch schon in die Synagogen und verkündete dort Jesus als den Sohn Gottes.
Paulus bekehrt sich nicht, sondern er wird bekehrt.
Paulus hat gar kein Bedürfnis, sich neu zu orientieren.
Er sucht nichts, sondern er ist mit seinem Leben zufrieden. Er ist angesehen und erfolgreich als jüdischer Pharisäer. Das einzige, was er sich gerade wünschte, war, dass Gott ihm hilft, den christlichen Glauben auszurotten und mehr Christen ins Gefängnis zu bringen.
Und Jesus sagt nicht:
Paulus, schau doch mal. Du bist zwar glücklich, aber was ich dir biete, macht dich noch glücklicher. Was ich dir biete ist viel besser, sondern Jesus tritt als Herr auf und zwingt ihn in die Knie.
In Markus 7, 31-37 finden wir eine Geschichte, in der Jesus einen Taubstummen heilt. Man kann die Geschichte so verstehen, als wenn Jesus dem Mann hilft, zu mehr Lebensqualität zu kommen. Aber wissen wir, ob er durch die Heilung mehr Lebensqualität bekommen hat? Warum heilt Jesus dann nicht alle? Es geht in dieser Geschichte wie auch in den anderen Heilungsgeschichten darum, zu zeigen, dass Jesus der Herr ist. Er kann alle Mächte in die Knie zwingen, auch Krankheiten, böse Geister, Paulus und uns. Jeder soll ihn als Herrn der Welt erkennen und anerkennen.
Paulus muss erfahren, dass Jesus der Herr ist.
Jesus bringt ihn dazu, von seinem hohen Ross zu stürzen, er lässt ihn blind und hilflos werden und erst später, nachdem Paulus Jesus als Herrn und Retter der Welt erkannt hat, wird er wieder geheilt. Jesus ist nicht lieb und geht auch nicht lieb mit Paulus um, sondern er bringt das erfolgreiche Leben von Paulus gehörig durcheinander. Dafür wird Paulus heimatlos durch die Welt wandern, für Jesus leben und viel leiden. Und doch erfährt Paulus später, dass dahinter Jesu vollkommene Liebe zu ihm steht.
Aber wie hätten Sie reagiert?
Normalerweise hoffen wir doch, wenn wir Gott begegnen, dass Gott uns hilft, dass unsere Träume in Erfüllung gehen und er uns zu einer glücklichen Ehe, Gesundheit, Erfolg und vielen anderen Dingen verhilft. Er ist doch der liebe Gott, so denken wir, und wenn er uns liebt, dann muss er uns doch dabei helfen.
Es passiert hier genau das Gegenteil: Jesus macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Er zerstört seine Pläne und gibt seinem Leben eine grundlegende Richtungsänderung. Wir wissen nicht, was passiert wäre, wenn Paulus gesagt hätte: Das will ich nicht. Aber Paulus sagt „Ja“. Er lässt sich ganz auf Jesus ein, lässt sich bekehren.
Die Frage an uns ist: Wie sehen wir Jesus für uns:
als den, der uns etwas anbieten soll für ein Leben, wie wir es uns vorstellen, oder als unseren Herrn, der uns die Richtung vorgibt, dem wir unser Leben bedingungslos zur Verfügung stellen?
Wie ist das nun aber mit der Lebensqualität? Wenn man sich so ganz auf Jesus einlässt, bekommt man dann mehr oder weniger?
Wenn man sich das Leben von Paulus als normaler Mensch ansieht, muss man oberflächlich gesehen sagen, er hat weniger:
Er ist ohne Heimat, ständig unterwegs, hat keine Verwandten, kaum Freunde, erlebt Steinigungen, Schläge, Gefängnis, Verfolgung und am Ende wird er wahrscheinlich hingerichtet. Trotzdem sagt er später: Um keinen Preis möchte ich das Leben mit Christus verlieren. Im Verhältnis zu dem, was ich durch Christus gewonnen habe, sehe ich alles andere und mein altes Leben als Mist.
Das hört sich sehr hart an, aber Paulus hat einfach mit Christus ein Leben bekommen, das viel schöner und wichtiger ist. Stellen Sie sich vor, sie leben in einem alten baufälligen Haus. Sie haben sich daran gewöhnt und auch manches lieb gewonnen, aber es macht auch sehr viel Mühe und es ist abzusehen, wann es zusammenbricht. Nun bekommen Sie ein neues Haus an der gleichen Stelle geschenkt. Werden Sie nicht auch begeistert sein und dann sagen: Mein altes Haus ist im Vergleich zu meinem neuen Haus wie Mist.
Und so kann Paulus sagen: Obwohl ich alles verloren habe, habe ich gewonnen und eine überragende mit nichts anderem zu vergleichende Lebensqualität bekommen.
Die Einheit mit dem auferstandenen Christus, dem Herrn der Welt, ist für ihn das Wichtigste auf der Welt. Für Christus etwas tun, macht mein Leben sinnvoll, auch wenn ich dafür leiden muss; mit Christus überwinde ich Angst und Sorgen und kann alle Widerwärtigkeiten des Lebens ertragen; Christus hat alles für mich getan, um mich in die Gemeinschaft mit Gott zu bringen. Es erfüllt mein Leben, etwas für ihn zu tun; ich weiß: Am Ende werde ich mit Christus das Leben gewinnen, die Ewigkeit Gottes. Für die Einheit mit Christus lohnt sich alles.