Predigt zu 2. Timotheus 1, 7-10 am 16. Sonntag nach Trinitatis
Den Glauben bekennen ist eine Frage der Liebe und Treue. Es stärkt unseren Glauben, ist gut und wichtig für andere und zeigt, zu wem wir gehören.
7 (Paulus schreibt:) Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. 9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, 10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.
Müssen wir gerettet werden? Muss Gott uns retten?
Gerettet werden müssen Schiffbrüchige, Eingeschlossene nach einem Erdbeben, Hungernde, manchmal Banken oder systemrelevante Firmen, marode Länder, etc.
Aber wir? Auch noch von Gott? Wovon und wozu?
In den Versen 9+10 finden wir so etwas wie ein Glaubensbekenntnis der ersten Christen.
Danach ist der Mensch gefangen in den Grenzen und Möglichkeiten dieser Welt.
Wir werden geboren und sterben irgendwann. Dazwischen haben wir einen Kampf zu bestehen für ein erfülltes Leben und gegen alle Gefahren und Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt. Aber in diesem Kampf sind wir auf uns alleine gestellt. Als Hilfe haben wir nur das, was diese Welt uns bietet an Menschen, materiellen Gütern und eigener Kraft. Doch es steht von Anfang an fest, dass wir diesen Kampf verlieren. Unsere stärksten Gegner, Tod und Teufel, die dort Macht haben, wo Gott nicht ist, sind zu stark für uns.
Auf der anderen Seite steht das Leben in der Gemeinschaft mit Gott.
Dieses Leben besteht darin, dass Gott sich mit uns verbindet. Wir sind nicht mehr auf uns alleine gestellt und auf das, was die Welt zu bieten hat, sondern, wenn es um ein erfülltes Leben geht, um Sicherheit und Geborgenheit, um Trost und Hoffnung, dann steht uns das zur Verfügung, was Gott uns anbietet. Wir sind nie allein in der Welt, sondern Gott ist bei uns und am Ende steht nicht der Tod, sondern die Ewigkeit Gottes, denn Gottes Sieg über den Tod gilt auch für uns.
Doch wir Menschen können nicht aus eigener Kraft in die Gemeinschaft mit Gott wechseln,
nicht durch moralisch gute Taten und auch nicht durch irgendwelche religiösen Methoden, sondern die Rettung, die Befreiung aus der Gefangenschaft hat Gott selbst in Jesus Christus geschaffen. Jesus Christus ist für jeden Menschen die einzigartige Möglichkeit, ein Leben mit ewiger, göttlicher Dimension zu bekommen. Das ist ein Geschenk Gottes: Gnade, Barmherzigkeit, Rettung durch Christus. Von diesem Angebot ist keiner ausgeschlossen, egal wie sein bisheriges Leben war. In der Verkündigung des Evangeliums wird das den Menschen angeboten und die Hörer haben dann die Möglichkeit, sich darauf, auf die Rettung, einzulassen oder sie abzulehnen.
Darum wird Timotheus hier gesagt: Behalte diese Botschaft, deinen Glauben nicht verschämt und ängstlich für dich, sondern bekenne dich offen dazu. Das gilt auch für uns heute!
Wenn es ums Bekennen geht, kommen oft schnell Einwände:
Man muss vorsichtig sein und darf niemand etwas überstülpen, niemand erschrecken. Ein Vertreter der Heilsarmee sagte einmal: „Wir sollen den Menschen nicht das Wort Gottes um die Ohren schlagen nach dem Motto „ Gottes Wort trifft immer“.“ Natürlich wurden, wenn es um das Bekennen des Glaubens geht, Fehler gemacht, aber wenn wir alles aufgeben, wo schon einmal Fehler gemacht wurden, dann dürfte es keine Politik mehr geben, keine Wirtschaft, keine Banken, keine Gerichte, keine Ehe, keine Familie, eigentlich überhaupt nichts mehr. Wir sollen nicht aufgeben, sondern es besser machen.
Andere sagen: Ich weiß nicht, was die anderen dann über mich denken. So wurde ein Vierzigjähriger, der plötzlich den Gottesdienst besuchte und sich mit dem Glauben beschäftigte, gefragt: Hast du Probleme? Geht es dir nicht gut? Viele denken, sich mit dem Glauben zu beschäftigen, sei ein Zeichen von persönlicher Schwäche.
Wieder andere sagen: Mir fehlen die Argumente. Ich weiß dann nicht, was ich sagen soll.
Wovor haben wir Angst?
Paulus saß für sein Bekenntnis zu Jesus im Gefängnis, wurde geschlagen, gesteinigt und ins Gefängnis geworfen. Für viele Christen in der Welt hat es heute schwerwiegende Folgen bis hin zu Gefängnis und Tod, wenn sie sich zu Jesus bekennen.
Aber bei uns? Was kann uns schon passieren: ein paar falsche Freunde verlieren, ein schiefes Lächeln oder etwas Spott einfangen? Noch sind für uns die Folgen relativ harmlos, wenn wir uns zu Jesus bekennen.
Paulus gibt hier im ersten Vers die Antwort auf alle diese Einwände: Als Christen haben wir den Geist Gottes in uns, und dieser Geist ist kein Geist der Angst, sondern der Kraft, so dass wir keine Angst vor anderen Menschen haben müssen; es ist ein Geist der Liebe, der will nicht gewinnen oder überrumpeln, sondern er will für den anderen das Beste; ein Geist der Besonnenheit, der sich nicht von Gefühlen, sondern vom Verstand leiten lässt und sich selbst beherrscht.
Bekennen ist doch eigentlich nichts Komisches, sondern etwas ganz Natürliches.
Bei einem Treffen mit Vertretern aus der Wirtschaft wurden als erstes Visitenkarten ausgetauscht. Jeder hat sich bekannt zu seinem Namen, seiner Firma und Arbeit und das mit Adresse, Telefon-Nummer und Mail-Adresse. So läuft das immer und jeder empfindet das als ganz normal. Wenn jemand Sie fragt: Sind Sie verheiratet? Antworten Sie dann: Na ja, wenn man das so sagen will. So ein bisschen schon, aber nicht so doll und schon gar nicht fanatisch. Man bemüht sich halt, muss ja alles einmal mitmachen, aber ich bin immer noch offen für andere Erfahrungen. Niemand, der halbwegs glücklich verheiratet ist, würde so antworten.
Bekennen ist das Natürlichste von der Welt. Es ist eine Frage der Treue und der Liebe. So gehört auch das fröhliche Bekenntnis zu Jesus Christus zu unserem Glauben dazu. Es ist eine Frage unserer Treue und Liebe zu Jesus Christus, zu Gott.
Wie kann das Bekennen konkret aussehen? Dazu hier nur einige Beispiele:
Oft genügt eine einfache Aussage: Ich bin Christ! Ich gehöre zu Jesus Christus. Er ist mein Chef und mein bester Freund. Da muss man nicht groß argumentieren. Man sucht ja auch nicht nach Argumenten, um zu rechtfertigen, warum man mit seinem Ehepartner verheiratet oder bestimmte Freunde hat.
Beten Sie vor dem Essen, zum Beispiel in der Mensa, im Restaurant oder Zuhause. Machen Sie damit deutlich, dass Sie Gott dankbar sind für alle Gaben. Zuhause können sich die Gäste nach unseren Gewohnheiten richten; wenn man selber Gast ist, reicht auch ein stilles Gebet.
Beziehen Sie Stellung, wenn über Glaube oder Christsein gelästert wird. Verlassen Sie zur Not den Raum. Oder würden Sie es akzeptieren, wenn über Ihren Ehepartner oder ihre Kinder gelästert wird? Outen Sie sich als Christ! Das darf doch jeder wissen, oder ist das etwas Anstößiges.
Machen Sie es in ihrer Umgebung deutlich, zum Beispiel durch einen christlichen Kalender oder ein Kreuz an der Wand.
Laden Sie Menschen in eine lebendige Gemeinde ein! Wie viel Menschen haben Sie im letzten Jahr eingeladen, in den Gottesdienst zu kommen, zum Beispiel mit einer Einladungskarte und anschließendem Essen oder auf andere Weise? Wenn Sie Sonntagsmorgens eingeladen werden, können Sie sagen: Da kann ich nicht. Wir gehen in den Gottesdienst. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und Liebe setzt Fantasie frei. Das gilt auch für die Liebe zu Jesus Christus.
Bekennen ist nicht eine Pflicht, sondern Ausdruck der Liebe und es ist auch gut.
Es stärkt unseren eigenen Glauben, unsere Verbindung zu Jesus Christus. Wenn ich bekenne, weiß ich, wohin und zu wem ich gehöre. Ich erinnere mich selbst an das großartige Geschenk Gottes.
Es ist gut für andere Menschen. Wie viele Menschen suchen nach tragfähigen Antworten für ihr Leben. Sie suchen nicht mehr in der Kirche, weil sie vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht haben und mit Vorurteilen leben. Sie finden die Antworten nicht, weil Christen schweigen.