Predigt zu Jeremia 29, 13-14 am 3. Sonntag nach Epiphanias
„Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr.“
Suchen können wir auf sehr verschiedene Weise:
Wenn ich ein bestimmtes Buch oder eine Krawatte verlegt habe, dann suche ich einen Augenblick, aber, wenn ich keinen Erfolg habe, gebe ich die Suche erst einmal auf. Nervös werde ich, wenn ich mein Schlüsselbund oder meine Papiere nicht finde. Dann suche ich sehr intensiv, frage andere und werde innerlich erst wieder ruhig, wenn ich es gefunden habe.
Wenn es in unseren Versen „Von ganzem Herzen” heißt, dann ist diese leidenschaftliche Suche gemeint, die alles dransetzt, um das Gesuchte zu finden. Und es geht ja auch um viel mehr, als um ein Buch, ein Schlüsselbund oder die Papiere.
Wenn wir Gott suchen sollen, dann geht es um die Grundlagen unseres Lebens.
Als erstes geht es um die richtige Orientierung im Leben und die Frage: Wie sollen wir das Leben gestalten, so dass es sinnvoll und gut ist? Wie sollen wir als einzelne Christen und als christliche Gemeinschaft leben, so, dass wir ein gutes Zeugnis von Gott abgeben?
Als Zweites geht es um den richtigen Halt; wo wir auch in den Turbulenzen des Lebens noch Halt haben, Geborgenheit und Kraft.
Und schließlich geht es darum, dass wir in die Ewigkeit kommen und dort in der vollkommenen Gemeinschaft mit Gott leben.
Die Suche nach diesem Leben mit guter Orientierung, einem sicheren Halt und einer Antwort auf das Sterben prägt das Leben von vielen Menschen.
Es gibt Menschen, die suchen nicht mehr, entweder weil sie meinen, sie hätten die Antworten schon gefunden in anderen Religionen, in Alltagsgewohnheiten oder materiellen Zielen, oder weil sie resigniert haben und im Dahinleben oder im Alkohol versinken oder aber innerlich ganz hart und verbittert werden. Aber die meisten Menschen sind ständig weiter auf der Suche, immer von der Hoffnung beseelt: Wenn ich dieses oder jenes habe, zum Beispiel einen anderen Beruf, eine neue Lebensphase, mehr Erfolg und Geld oder ganz allgemein andere Lebensumstände, dann geht es besser. Aber immer, wenn sie etwas davon erreicht haben, geht die Suche weiter und der Durst nach Leben bleibt. Hinter dieser Suche steckt letztlich immer die Suche nach dem, was wirklich wahr ist, was Bestand hat, nach Gott.
Nun hat Gott uns den Ort gezeigt, wo wir ihn finden können, nämlich in Jesus Christus.
Jesus selbst sagt von sich in Johannes 14, 6: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.” Im ganzen Wirrwarr der Angebote ist dies der Punkt, wo wir ihn finden können, wo wir Leben finden, Frieden, Freude, Sinn und wo unsere Sehnsucht nach Leben gestillt werden kann.
Wie gehen wir damit um, wenn wir in Jesus das wahre Leben gefunden haben?
Zuallererst können wir Gott dafür danken und uns von Herzen freuen und dann anderen davon erzählen.
Aber wie ist das: Wenn wir in Jesus den Ort des wahren Lebens gefunden haben, sind wir dann keine Suchenden mehr?
Manche sagen, dass wir als Christen genauso Suchende sind wie alle Menschen, aber das stimmt nicht! Andere meinen, als Christen würden wir nicht mehr suchen, denn wir haben die Antworten gefunden, und auch das ist nicht wahr.
Ja, als Christen haben wir den Ort gefunden, wo Gott sich finden lässt, in Jesus Christus, aber wir sind ein Leben lang auf der Suche, um immer mehr von Gott kennenzulernen. Wir haben den Ort gefunden und sind gleichzeitig immer auf der Suche.
Man kann das Leben im Glauben vergleichen mit der Reise in ein großes Land, in dem es viel zu entdecken gibt.
Sie sehen in einem Reiseführer wunderschöne Bilder, Landschaften und Städte. Sie möchten das sehen und entdecken, aber wissen nicht, wo sich das befindet. Einfach losfahren, nützt nichts. Dann sehen Sie vielleicht interessante Dinge, aber nicht das, was Sie suchen. Dann weist Sie jemand auf die Titelseite hin und dort steht es: Es befindet sich alles in Brasilien. Nun wissen Sie, wo das alles zu finden ist und wo Sie suchen müssen. Nun können Sie sich in Bewegung setzen und nach Brasilien fliegen. Dort angekommen, können Sie sagen: Ich habe das Land gefunden! Doch Sie werden sicher nicht auf dem Flughafen stehen bleiben, sondern nun beginnt erst die Suche nach den Schönheiten des Landes und Sie werden auf Entdeckungsreise gehen.
So haben wir in Jesus den Ort gefunden, aber dann beginnt erst die Suche nach den Schönheiten und Reichtümer im Land Gottes. Uns steht eine Entdeckungsreise bevor, die bis ans Ende des Lebens geht, und immer wieder können wir Neues und mehr im Glauben entdecken.
Gehen wir noch einmal zurück nach Brasilien. In dem Land gibt es sehr große Städte, wunderbare Strände, fruchtbare Landschaften, große Wasserfälle, das riesige Amazonasgebiet und noch vieles mehr. Um jeden kleinen Teil des Landes kennenzulernen, müssten wir unser ganzes Leben lang reisen, oder wir müssten als große Gruppe reisen und jeder begibt sich in eine andere Gegend, um das Land zu erkunden. So kann einer den Amazonas erkunden, ein anderer Rio de Janeiro und wieder andere die Strände oder Wasserfälle oder andere Gegenden. Jeder kann dann einen Teil von dem großen Land entdecken. Und wenn die Gruppe dann wieder zusammenkommt, dann kann sie sich über die neuen Erkenntnisse austauschen. Schwierig wird es, wenn dann der eine behauptet, dass ganz Brasilien wie Rio de Janeiro ist und der andere dagegensetzt, dass ganz Brasilien wie der Amazonas ist. Dann gibt es Streit und Trennung in der Gruppe. Problematisch wird es auch, wenn einige meinen, zum Austausch der Entdeckungen würden auch die Besichtigungen der Pyramiden in Ägypten und der Chinesischen Mauer gehören, denn beides ist nicht in Brasilien zu finden. Der Maßstab für das, was es zu suchen und zu finden gibt, sind die Grenzen des Landes.
Wenn wir uns als Gruppe aufmachen, das Land zu entdecken, dann verbindet uns die Suche am richtigen Ort, und wir können uns gegenseitig bei der Suche ergänzen, denn jeder entdeckt etwas anderes.
So ist es auch mit dem Glauben: Es ist nicht egal, wo wir das Leben suchen. Es gibt sicherlich viele interessante Dinge überall zu finden, aber es ist nicht das Leben. Der Maßstab für das, was es bei Gott zu finden gibt, ist Jesus, so wie er uns in der Bibel beschrieben wird. Und keiner darf sich anmaßen, alles zu kennen, was es im Land Gottes zu entdecken gibt. Jeder entdeckt etwas und zusammen mit anderen Christen können wir uns darüber austauschen, was es sonst noch alles im großen Land Gottes zu finden und entdecken gibt.
So haben wir als Christen die Antwort in Christus gefunden und bleiben doch ständig auf der Suche. Das verbindet uns als Christen.
Es sind nicht die die einzelnen Dinge, die wir finden, die uns verbinden, sondern dass wir alle am richtigen Ort suchen. Und wir können uns gegenseitig bei der Suche helfen, weil jeder immer wieder etwas anderes entdeckt. Schwierig wird es, wenn wir unsere Erkenntnis zum Maßstab machen und sagen: Nur das, was ich im Land Gottes entdeckt und erkannt habe, ist richtig. Denn wir finden unsere Einheit nicht dadurch, dass wir alle dieselben Antworten finden, sondern dadurch, dass wir alle bei Christus suchen: Die Frage ist nicht: Hast du im Glauben die gleiche Antwort gefunden wie ich, sondern suchst du auch bei Christus, und zwar nicht irgendwie suchen, sondern leidenschaftlich mit ganzem Herzen?
Wir alle suchen wahres, gutes und sinnvolles Leben, Orientierung, Halt und Hoffnung, und wir glauben, dass Gott uns den Ort für unsere Suche gezeigt hat in Christus.
Dann muss die Richtung unserer Suche auf Christus hin ausgerichtet sein, zuallererst leidenschaftlich mit ganzem Herzen mehr von Christus kennenzulernen.
Das muss unser Bestreben sein bei allem, was wir als Christen tun, als Einzelne und Gemeinde und dann werden wir es erleben, dass Gott uns immer mehr von dem guten Leben an Geborgenheit, guter Orientierung und Hoffnung schenkt, dass unser Glaubensleben kräftiger wird, und dass das Leben einer Gemeinde immer mehr vom Geist Gottes geprägt und durchdrungen wird.