Predigt zu Jesaja 6, 1-8 am Sonntag Trinitatis
Wir sind doch eigentlich ganz in Ordnung und im Vergleich mit anderen vielleicht sogar ein bisschen besser, oder?
Sicher, wir sind auch nicht in allem perfekt. Wer ist das schon! Aber wir sind weniger streitsüchtig und rechthaberisch als andere und meistens anständig, freundlich und korrekt. Wenn alle so wären wie wir, würde die Welt doch besser aussehen, oder?
Seien wir ganz ehrlich! Dieses Vergleichsspiel spielen wir doch alle gerne, und zwar nach Möglichkeit so, dass wir dabei gut abschneiden. Es ist so, als wenn Kinder am Sandstrand
kleine Haufen Sand anhäufen und sich dann darüber streiten, wer den größten Sandhaufen gebaut hat. Die größeren Dünen kann man bewundern, aber da kommt ja sowieso keiner heran. So können wir auch gut damit leben, dass es einige herausragende Persönlichkeiten wie Mutter Theresa, Nelson Mandela oder andere gibt, bei denen es sich nicht lohnt, sich mit ihnen zu vergleichen. Aber sonst kommen wir mit dem Vergleichsspiel ganz gut zurecht, je nachdem mit wem wir uns vergleichen.
So war auch Jesaja ein guter Bürger, vielleicht ein Beamter, fromm und tugendvoll. Und dann kommt der Schock!
Stellen Sie sich vor, diese kleinen Sandhügel kommen mit den Alpen
in Verbindung. Da verstummt jede Diskussion darüber, wer am größten ist.
Jesaja passiert etwas Besonderes!
Bleiben Sie beim Lesen des Textes nicht an den benutzten Bildern hängen!
1 Es war in dem Jahr, als König Usija starb. Da sah ich den Herrn; er saß auf einem sehr hohen Thron. Der Saum seines Mantels füllte den ganzen Tempel. 2 Er war umgeben von mächtigen Engeln. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel; mit zweien bedeckte er sein Gesicht, mit zweien den Leib, zwei hatte er zum Fliegen. 3 Die Engel riefen einander zu:
»Heilig, heilig, heilig ist der HERR,
der Herrscher der Welt,
die ganze Erde bezeugt seine Macht!«
4 Von ihrem Rufen bebten die Fundamente des Tempels und das Haus füllte sich mit Rauch.
5 Vor Angst schrie ich auf: »Ich bin verloren! Ich bin unwürdig, den HERRN zu preisen, und lebe unter einem Volk, das genauso unwürdig ist. Und ich habe den König gesehen, den Herrscher der Welt!«
Jesaja begegnet Gott und er erkennt: Ich bin nichts.
Alles, was ich bei mir für gut hielt, ist im Verhältnis zu Gott überhaupt nicht nennenswert. Ich habe noch nicht einmal das Recht, Gott zu loben und zu preisen, denn damit würde ich mir anmaßen, ich könnte Gott beurteilen.
Hier heißt es: heilig, heilig, heilig! In dem Wort heilig, steckt das Wort „heil”. Drei Mal spricht Jesaja es aus. Drei ist die Zahl der Vollkommenheit. Jesaja macht deutlich: Bei Gott ist alles vollkommen heil. Da habe ich keine Chance.
Solange wir uns untereinander vergleichen, mag ja noch alles einigermaßen in Ordnung sein, aber wenn ich mit dem in Berührung komme, bei dem ALLES heil ist, entdecke ich, wie es wirklich um mich steht, und dass selbst das, was ich bei mir für gut halte, dann nichts mehr ist.
Nun kommen wir zu uns: Stellen wir uns doch einmal in die Gegenwart Gottes. Das tun wir am besten, wenn wir Jesus anschauen, denn in ihm sehen wir Gott selbst.
Sehen wir seine Liebe an,
dass er sich auf uns armselige Geschöpfe überhaupt einlässt, und jeder einzelne ist ihm wichtig. Und noch am Kreuz hört seine Liebe nicht auf, obwohl die Menschen ihn ablehnen, verspotten und töten. Obwohl wir ihm nicht vertrauen, versucht er es immer wieder und gibt uns nicht auf.
Was ist dagegen meine Liebe? Wie erbärmlich stehe ich da!
Schauen wir auf seine Geduld: Da sieht Gott, was wir uns gegenseitig antun, im Kleinen und Großen, wie wir mit ihm umgehen, mit uns selbst und der Schöpfung und was wir aus seiner Kirche machen. Wie oft verlieren wir die Geduld und möchten dazwischen gehen. Wenn Gott dazwischen ginge, bleibe von uns allen nichts übrig, aber er hält es aus, sieht zu, leidet daran, um uns immer noch eine Chance zur Umkehr zu geben.
Was ist dagegen meine Geduld? Wie begrenzt ist sie schon bei viel kleineren Dingen!
Schauen wir auf sein Leiden an der Ungerechtigkeit, das seinen Höhepunkt am Kreuz findet, und dagegen sein vollkommenes Tun. Das sind nur einige Beispiele.
Wenn wir uns so ehrlich in die Gegenwart Gottes stellen, dann bleibt uns gar nichts anderes, als wie Jesaja zu sagen: Ich bin unwürdig, ich habe bei Gott keine Chance.
Wer in der Gegenwart Gottes etwas anderes sagt, hat entweder Gott nicht erkannt oder aber er hat eine gehörige Portion Hochmut und Stolz.
Nach der Bibel gibt es zwei Möglichkeiten, zu dieser Selbsterkenntnis zu kommen:
- Indem wir uns hier im Leben Gott unterwerfen, sein Urteil über uns anerkennen und freiwillig zu dieser ehrlichen Selbsterkenntnis kommen.
- Indem sie im Gericht Gottes erzwungen wird.
Gott möchte, dass wir es freiwillig erkennen, nicht weil er uns klein sehen möchte, sondern damit wir die Realität über uns erkennen, zur ehrlichen Selbsterkenntnis kommen, denn nur so können wir heil werden.
Wir wissen von Suchtkranken, dass sie nur geheilt werden können, wenn die Betroffenen ihre Krankheit selbst erkennen und Heilung wollen. Genauso ist es bei uns Gott gegenüber.
Gott selbst möchte uns heilen, dass wir heil werden, den Heiland an uns wirken lassen, dass Gott uns etwas von seinem Heil abgibt, von seiner Liebe, Geduld und allem anderen.
Jesaja ist zu dieser Selbsterkenntnis gekommen und nun beginnt der Heilungsprozess.
6 Da kam einer der mächtigen Engel zu mir geflogen. Er hatte eine glühende Kohle, die er mit der Zange vom Altar genommen hatte. 7 Damit berührte er meinen Mund und sagte: »Die Glut hat deine Lippen berührt. Jetzt bist du von deiner Schuld befreit, deine Sünde ist dir vergeben.« 8 Dann hörte ich, wie der Herr sagte: »Wen soll ich senden? Wer ist bereit, unser Bote zu sein?« Ich antwortete: »Ich bin bereit, sende mich!«
Zwei Schritte sehen wir hier, wie Gott mit der Heilung beginnt:
- Jesaja wird vergeben. Vergebung bedeutet nicht, dass Gott einfach darüber hinwegsieht und sagt: Macht nichts, alles nicht so schlimm, sondern er sagt: Ich rechne es dir nicht an, ich habe dich dennoch lieb, du sollst dennoch mein Kind sein. Vergebung gibt es nur durch die ehrliche und schmerzhafte Selbsterkenntnis.
- Gott fragt Jesaja und uns: Bist du bereit, dich von mir gebrauchen zu lassen, dass ich jetzt Herr über dein Leben werde? Bist du bereit, auf mich zu hören und mir zu gehorchen, dass ich dir den Weg durch das Leben zeige und du diesen Weg gehst. Dann heißt es nicht mehr: Ich gebrauche Gott, damit mein Leben ein bisschen angenehmer wird, sondern Gott gebraucht mich für seine Zwecke.
Was müssen wir tun?
1. Wählen, bzw. entscheiden,
ob wir uns Gott stellen oder nicht; ob wir lieber stolz und hochmütig an Gott vorbeileben wollen oder ob wir uns von Gott durchleuchten lassen, alle Bereiche des Lebens, damit er uns heilen kann.
2. Seine Vergebung annehmen,
das heißt erkennen, dass es unsere einzige Chance zu einem guten sinnvollen Leben ist, hier und für die Ewigkeit, nicht als etwas, was wir ab und zu gebrauchen, um wieder ein gutes Gewissen zu bekommen, sondern als unsere einzige Hoffnung.
Stellen wir uns vor, wir befinden uns mitten in einer stürmischen See. Der Sturm ist so stark, dass wir mit dem Schiff untergehen werden. Doch da gibt es einen Felsen, auf dem wir sicher stehen und überleben können. Dieser Fels für unser Leben ist Gottes Vergebung, dass er uns dennoch als seine Kinder annimmt.
3. Sich von Gott gebrauchen lassen und Gott Herr sein lassen,
dass wir uns von ihm sagen lassen, wie der Weg durch das Leben gehen soll, von ihm verändern lassen, auch wenn es manchmal schmerzhaft ist, und von ihm sagen lassen, was wir für ihn tun können und sollen.
Wenn wir das nicht tun, dann können wir vielleicht gute Menschen sein im Vergleich mit anderen Sandhügel, aber mehr auch nicht. Aber wenn wir es tun, dann kann Gott uns heil machen, damit wir hier und in der Ewigkeit mit ihm in Gemeinschaft leben können, damit er uns gebrauchen kann für die Arbeit in seinem Reich.