Predigt zu Kolosser 4, 3 am Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr
im Fürbittengottesdienst für verfolgte Christen
3 Betet dabei auch für uns, dass Gott uns eine Tür öffnet für seine Botschaft. Wir sollen ja das Geheimnis bekannt machen, das in Christus beschlossen ist. Als Verkünder dieses Geheimnisses sitze ich hier im Gefängnis. Kolosser 4, 3
Christen sind die am häufigsten verfolgte Glaubensgemeinschaft in der Welt.
Nach Information von der Hilfsorganisation „open doors“ sind es ca. 100 Millionen Christen, die wegen ihres Glaubens zum Teil Furchtbares zu erleiden haben, besonders in Nordkorea, Syrien, Irak, Somalia und dem Sudan. In manchen Ländern sind ganze Dörfer ausgelöscht und ganze christliche Gegenden verschwunden, Mädchen verschleppt, zwangsverheiratet, prostituiert und zwangsislamisiert und viele werden getötet.
Was meinen Sie, was kann in solchen Situationen helfen?
Wie kann diesen Christen geholfen werden? Was kann gegen diese Gewalt und anderer Gefahren helfen? Es gibt natürlich viele Möglichkeiten. Man kann Geld spenden, Ärzte, Berater, Entwicklungshelfer und bedeutende Personen aus Wirtschaft und Politik um Unterstützung bitten, damit sie bei den Regierungen ihren Einfluss geltend machen oder auf andere Weise Druck auf die jeweiligen Länder ausüben. Das sind alles Dinge, die Menschen tun können und Hilfe erwarten wir in solchen Situationen meistens zuerst von Menschen, aber ist das die beste Hilfe?
Verfolgte Christen sagen uns: Betet für uns! Das andere könnt ihr auch tun, aber am wichtigsten ist das Gebet.
Ist das Gebet wirklich so wichtig? Hilft es?
Manchmal höre ich: „Beten kann hilfreich sein, weil man sich dann alles von der Seele reden kann, einen Gesprächspartner hat wie bei einem guten Freund.“ Und manche fügen dann noch hinzu: „Es hilft, egal ob auf der anderen Seite jemand da ist, der das hört.“
Für die verfolgten Christen ist das Gebet viel mehr: Es ist die Verbindung zu ihrem Herrn, zu dem sie gehören im Leben und für die Ewigkeit, der alle Macht hat im Himmel und auf Erde und alles bewirken kann, und von dem sie glauben, dass er sie liebt und ihr Schicksal kennt.
Gebet ist keine Pflichtübung, sondern eine mächtige Kraft, die in ihr Leben hineinwirkt.
Sie rechnen mit der Gegenwart des auferstandenen Jesus in ihrem Leben und in ihrer Situation. Sie hoffen, dass Jesus eingreift, in ihr Leben. Natürlich wünschen sie sich auch, dass er das Leid beseitigt oder erträglich macht, aber vor allem, dass er ihnen hilft, trotz allem im Glauben treu zu bleiben, mit ihm verbunden zu bleiben, und dass er ihnen Kraft und Mut zum Durchhalten gibt und bis in die Ewigkeit festhält.
So wie Jesus in Lukas 22, 32 für Petrus vor der Verleugnung betet „dass dein Glaube nicht aufhört“, und so wie er in Johannes 17 für alle Jünger betet, dass sie im Glauben bleiben, so wünschen die verfolgten Christen dieses Gebet von uns.
Das Gebet, die Verbindung gibt ihnen Kraft und Mut zum Leben, zum Durchhalten im Glauben, auch in unerträglichen Situationen.
Diese Christen sind keine Übermenschen oder Überchristen, sondern Menschen wie wir.
Sie sehnen sich nach Sicherheit und Zukunft, möchten glücklich sein, für ihre Kinder sorgen und hoffen auf ein gutes Leben. Sie möchten einfach leben dürfen. Sie leiden in der Verfolgung, haben Angst, sind verzweifelt, weinen, trauern wenn ihre Kinder oder Familienangehörigen verschleppt oder getötet werden, aber eins wollen sie nicht: Jesus aufgeben und die Verbindung zu ihm verlieren, denn er gibt ihnen Halt, Trost, Hoffnung und ist bei ihnen in ihrer schweren Situation. Sie haben entdeckt, dass er die Wahrheit ist, der Erlöser, der Sohn Gottes. Sie haben erkannt, dass es nicht nur darum geht, welchen Nutzen der Glaube für uns hat, sondern wenn Jesus lebt, dann ist er die Wahrheit, das Leben, der Weg zu Gott; dann gibt es keine andere Möglichkeit als die Gemeinschaft mit ihm zu suchen und festzuhalten.
Jesus ist für sie wichtiger als alles andere auf der Welt, sogar als das eigene Leben.
Deshalb wollen sie am Glauben festhalten, auch wenn sie dafür sterben müssen. In Europa sagen manche: „Dann werden sie halt Moslems oder verehren den Diktator. Das macht doch nichts! Hauptsache, man bleibt am Leben.“ Für andere ist es egal, welche Religion man hat. „Das muss man nicht so eng sehen,“ meinen sie. „Es ist doch nicht so schlimm, wenn man den christlichen Glauben aufgibt.“
Für die verfolgten Christen ist klar: Jesus ist die Rettung, die Ewigkeit, das Leben.
Ihn beiseiteschieben, als egal ansehen, das wäre Verrat. Sie wollen treu zu ihm stehen, die Verbindung halten, auch wenn es das Leben kostet. Jesus selbst hat diese Verfolgungen vorhergesagt und auch gesagt, dass es dem Schüler nicht besser ergehen wird als dem Lehrer, dem Christen nicht besser als Jesus. Darum bitten sie uns, dafür zu beten, dass sie im Glauben durchhalten.
Was mich bei ihnen noch beeindruckt, ist ihre Dankbarkeit:
Obwohl sie gar nicht viel haben, danken sie Gott für ihr Leben. Sie danken Gott, dass sie glauben dürfen, zu Jesus gehören dürfen, und man sieht manchmal bei ihnen Tränen der Freude, wenn sie eine Bibel in der Hand halten können. Ist es nicht traurig, dass wir bei allem Wohlstand, der Freiheit, dem Wohlergehen, und dass wir den Glauben an Jesus in Freiheit leben können, oft darüber gar nicht glücklich sind, sondern viel mehr sehen, was uns fehlt, was gerade nicht so gut läuft, und dann manchmal auch noch Gott dafür verantwortlich machen, Gott oft vergessen und den Glauben an Jesus so beiläufig behandeln, als sei er nicht wichtig.
Nur wenn wir verstehen, warum der Glaube so wichtig ist, werden wir verstehen, warum für diese Menschen das Gebet so wichtig ist und sie trotz allem eine tiefe Dankbarkeit und Freude ausstrahlen.
Es ihnen so wichtig ist, im Glauben treu zu sein, zu Jesus zu stehen. Ihre Treue zu Jesus wollen sie auch leben, indem sie nicht mit Gewalt reagieren, sondern im Sinne Jesu lieber leiden, denen vergeben wollen, die ihnen das antun, und bereit sind, allen zu helfen, egal wer es ist. Sie wollen deutlich machen, dass Jesus anders ist, als was sonst in der Welt gilt.
Ist das Fanatisch, wenn ihnen Jesus so wichtig ist, er an erster Stelle steht? Nein, nicht im Geringsten! Sie haben nur erkannt, worauf es wirklich ankommt. Deshalb können sie auf alles verzichten, aber auf Jesus nicht.
Der Glaube an Jesus ist kein theoretisches Gebilde, Philosophie und auch keine Religion, auf die man auch verzichten kann, sondern die Verbindung zur Ewigkeit Gottes, zu Gott selbst.
Jesus ist das Wichtigste im Leben. Er ist eine Realität, die Realität schlechthin.
Das Gebet ist eine nicht versiegende Quelle für Kraft, Mut, Liebe und Feindesliebe und Frieden mitten in Gewalt und Unfrieden der Welt. Es gibt die innere Kraft, um durchzuhalten und nicht aufzugeben, Um einen Weg durch das Leben zu finden, denn seine Orientierung ist die Beste. Das Gebet gibt uns die Gewissheit, dass Jesus in Angst und Verzweiflung bei uns ist, und dass er uns im Sterben in die Ewigkeit bringt.
Was für einen Reichtum gewinnen wir, wenn wir das lernen!
Die Welt ist unendlich reich und vielfältig an Möglichkeiten und Angeboten, Meinungen und Ideen, schönen Erlebnissen und auch an Leid, Hass, Ungerechtigkeit und Gräueltaten. Sie ist sehr vielfältig und scheint immer vielfältiger zu werden. Viele Menschen suchen sich aus der Vielfalt ein paar weltliche Dinge als Ankerpunkte und als Halt, was ihnen wichtig ist, zum Beispiel Geld, Familie, Freunde oder etwas anderes, und mache sind stolz auf ihre Erkenntnisse über die Welt und das Leben.
Wie viel besser ist es, wenn der auferstandene Christus Ankerpunkt und Mittelpunkt des Lebens ist, inmitten der großen Vielfalt der Welt in guten und schlechten Zeiten.
Denn er ist die Wahrheit! Er bleibt für uns in Ewigkeit gleich und wir können ihn nicht verlieren. Er liebt uns und kennt uns und hat alle Macht im Himmel und auf der Erde.