Predigt zu Lukas 10, 16 und Johannes 13, 20 am 7. Sonntag nach Trinitatis
Was macht uns wertvoll und gibt uns den höchsten Wert, den ein Mensch haben kann?
Wer sind Sie?
In der Regel antworten wir auf eine solche Frage mit unserem Namen, Beruf und Familienstand und dann vielleicht noch etwas ausführlicher mit unseren Eigenschaften und mit dem, was wir bislang beruflich und privat erreicht haben, um so unseren Wert in den Augen des Fragenden etwas zu steigern, denn im Vergleich mit anderen möchten wir gut dastehen. Genauso kann man eine Kirchengemeinde beschreiben mit Größe, Aktivitäten und Anzahl der Teilnehmer an den Gottesdiensten, um die Gemeinde im vergleich mit anderen etwas abzuheben, denn der Wert eines Menschen oder einer Kirchengemeinde wird in der Regel durch den Vergleich mit anderen festgelegt.
Die Botschaft der Bibel geht in eine völlig andere Richtung: Danach wird der Wert eines Menschen nicht durch den Vergleich mit anderen festgelegt, sondern durch seine Beziehung zu Gott.
Jesus sagt in Lukas 10, 16:
„Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat.“
Und in Johannes 13, 20: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer jemanden aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.“
Das ist der höchste Wert überhaupt, den ein Mensch erhalten kann: Christus identifiziert sich mit den Menschen die zu ihm gehören.
„Wer euch hört, der hört mich!“, „Wer euch verachtet, der verachtet mich“, und „Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf und Gott selbst.“
Als Christ bist du wertvoll und wichtig für Christus und für Menschen,
denn Gott will zu den Menschen und ihnen helfen, indem er sie zu sich in seine Gemeinschaft holt. Die Menschen brauchen Gott, weil sie nur in der Gemeinschaft mit Gott ihren eigentlichen Sinn erfahren. Und die Frage ist, wie Gott und Menschen zusammenkommen sollen? Und Jesus macht seinen Jüngern und uns deutlich: Das ist eure Aufgabe. Durch euch will ich zu den Menschen kommen und durch euch sollen die Menschen zu mir finden.
Wir können das mit einem Vergleich verdeutlichen:
Wenn ein großer Konzern im Ausland eine Filiale eröffnet, dann vertreten die Mitarbeiter der Filiale den ganzen Konzern. Sie sind das Bindeglied zwischen dem Konzern und den Menschen, die der Konzern erreichen will.
So sagt Jesus: Ihr seid das Bindeglied zwischen den Menschen und Gott. Wenn die Menschen es mit euch zu tun haben, haben sie es mit mir zu tun; wenn sie euch hören, wenn sie euch sehen, wenn sie euch beurteilen, wenn sie euch angreifen, dann ist das so, als würden sie es mir tun.
Was für ein großes Vertrauen hat Christus in uns!
Das größte Anliegen, das Gott hat, weshalb Christus in die Welt gekommen ist, weshalb er gelitten hat und gestorben ist, dieses Anliegen legt er in unsere Hände. Gott möchte zu den Menschen. Das hat er in Christus gezeigt. Und nun setzt er auf die Christen, dass das in Zukunft auch geschieht, dass er so bei den Menschen ankommt, wie er ist. Das vertraut er uns an. Gott wagt das. Er möchte zu den Menschen und ob das klappt, das macht er abhängig von unserem Reden, Tun und Verhalten.
Was für ein Risiko geht Jesus da ein?
Was ist, wenn wir versagen und Gott nicht zu den Menschen und die Menschen nicht zu Gott kommen? Offensichtlich hat Jesus die Angst nicht. Er setzt sein ganzes Vertrauen in uns. Er vertraut uns, dass das passiert. Jesus hat keine Angst, weil er uns seinen Heiligen Geist gibt. Natürlich hätte Jesus oft Grund, nach einiger Zeit zu sagen: Mit dem ist nichts anzufangen. Ich gebe ihn auf. So würde das im Konzern laufen. Aber Jesus hört nie auf, Hoffnung zu haben, dass wir uns in seinem Sinn verändern und ihn immer besser vertreten.
Wert, Vertrauen, Hoffnung! Das gibt Jesus uns einfach so aus reiner Liebe. Wer kann dieser Liebe widerstehen?
Setzt das nicht automatisch bei uns eine Bewegung in Gang, dass wir alles daransetzen, um Christus möglichst gut für die Menschen darzustellen und unser Bestes für ihn zu geben?
Stellen Sie sich vor, ein Kind kommt mit einem „blauen Brief“ von der Schule nach Haus, und statt einer Schimpftirade und Drohungen machen die Eltern ihm ein großes Geschenk in der Hoffnung, dass er sich dadurch verändert und verbessert. Das würde wohl kaum so passieren, und gegenüber anderen wäre das den meisten Eltern wahrscheinlich peinlich.
Wenn Gott uns „blaue Briefe“ schicken würde, könnten wir alle unsere Zimmer damit tapezieren, aber Jesus zitiert uns nicht, schimpft nicht, sondern er schenkt uns immer wieder Wert und Vertrauen und hört nicht auf zu hoffen. Jesus schämt sich auch nicht für uns, sondern er bekennt sich zu uns und wertet uns auf und begegnet uns immer wieder mit neuem Vertrauen und neuer Hoffnung.
Diese Bedeutung, die Gott uns gibt, macht unseren Wert aus als einzelne Christen und als Gemeinde. Unseren Wert erhalten wir nicht aus Vergleichen mit anderen, sondern aus unserer Beziehung zu Gott.
Manche Christen haben das zur Kenntnis genommen, welche große Bedeutung Gott ihnen gibt, aber dann haben sie sich mit anderen verglichen und sich für etwas Besseres gehalten und sind stolz geworden. In der Geschichte der Kirche hat man daraus einen Machtanspruch abgeleitet, um Macht über andere Menschen zu bekommen und so ist dann im Namen Jesu Christi viel Unrecht geschehen. Auch heute besteht die Gefahr, dass Christen stolz und hochmütig werden, wenn sie zum Glauben kommen oder in der Gemeinde mitarbeiten, und dann meinen, sie wären etwas Besseres als andere Menschen. Sie benutzen dann nicht nur den Wert, den Gott ihnen gibt, für ihre eigenen Zwecke, sondern sie bleiben dann auch in ihrer Entwicklung stehen und verändern sich nicht.
Man sieht, auf welches Risiko Christus sich mit uns einlässt. Das tut er, aber er hört nie auf zu hoffen, dass wir uns verändern und immer mehr so werden wie er. Seinem Vorbild sollen wir gleich werden.
Jesus macht uns an verschiedenen Stellen deutlich, dass wir nicht herrschen, sondern dienen sollen, so wie er es getan hat. Wir sollen keine Macht über andere haben, sondern mit unserem ganzen Leben ihnen helfen, dass sie zu Jesus finden. Wir sollen uns nicht schlauer fühlen, nicht besser und nicht vornehmer, sondern so wie er sollen wir sein, so sollen wir mit den Menschen umgehen.