Predigt zu Lukas 23, 13-25 am Sonntag Judica

13 Pilatus aber rief die Hohenpriester und die Oberen und das Volk zusammen 14 und sprach zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht als einen, der das Volk aufwiegelt; und siehe, ich habe ihn vor euch verhört und habe an diesem Menschen keine Schuld gefunden, deretwegen ihr ihn anklagt; 15 Herodes auch nicht, denn er hat ihn uns zurückgesandt. Und siehe, er hat nichts getan, was den Tod verdient. 16-17 Darum will ich ihn züchtigen lassen und losgeben.[1] 18 Da schrien sie alle miteinander: Hinweg mit diesem! Gib uns Barabbas los! 19 Der war wegen eines Aufruhrs, der in der Stadt geschehen war, und wegen eines Mordes ins Gefängnis geworfen worden. 20 Da redete Pilatus abermals auf sie ein, weil er Jesus losgeben wollte. 21 Sie riefen aber: Kreuzige, kreuzige ihn! 22 Er aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat denn dieser Böses getan? Ich habe keine Schuld an ihm gefunden, die den Tod verdient; darum will ich ihn züchtigen lassen und losgeben. 23 Aber sie setzten ihm zu mit großem Geschrei und forderten, dass er gekreuzigt würde. Und ihr Geschrei nahm überhand. 24 Und Pilatus urteilte, dass ihre Bitte erfüllt würde, 25 und ließ den los, der wegen Aufruhr und Mord ins Gefängnis geworfen war, um welchen sie baten; aber Jesus übergab er ihrem Willen.
Es
gibt viele Personengruppen, mit denen Jesus zu tun hat,
einige, denen er sich besonders zuwendet, und einige, mit denen er sich auseinandersetzen muss.
Als Hauptgruppe der Auseinandersetzung werden Juden genannt.
Sie bezeichnen Jesus als Teufel, als Gotteslästerer und verurteilen ihn. Später gehen sie gegen die erste Gemeinde in Jerusalem vor, verfolgen sie, steinigen Stephanus und werfen ihn ins Gefängnis. Diese Juden werden genannt als „Welt“, die gegen Gott ist. In der weiteren Geschichte sind solche Stellen oft fälschlicher Weise benutzt worden als Begründung für den Antisemitismus. Nun gab es aber auch andere Juden, zum Beispiel die vielen Hörer Jesu, die Aussätzigen, die Geheilten, die Jubelnden beim Einzug, die Jünger, und Jesus selbst war Jude.
Juden steht hier nicht für die Volksgruppe, sondern für die Frommen,
die sich auskannten im religiösen Leben und die nach Meinung aller Menschen wirklich fromm lebten. Sie waren angesehen und das wussten sie selbst auch. Sie galten in der Gesellschaft als etwas Besseres und hielten sich auch selbst dafür.
Diese Menschen konnten mit Jesus nun gar nichts anfangen, denn er war anders. Er passte nicht in ihr Weltbild.
Sie bekamen das einfach nicht zusammen: ihre Glaubensvorstellungen von Gott und wie fromme Menschen sein müssen und wie Jesus war. Er tat Dinge am Sabbat, die man einfach nicht tat. Er wütete gegen die Verunreinigung des Tempels. Das tat man nicht! Er gab sich mit Huren, Zöllnern und Sündern ab, die nicht dazugehörten zur Gemeinschaft des Volkes Gottes. Das konnte einfach nicht fromm und gottesfürchtig sein. Er versprach Vergebung, wo Moralpredigten und Strafe angesagt waren.
Er war einfach anders und das passte nicht zusammen.
Er führte einen Lebensstil, der nach ihren Vorstellungen von Gott missbilligt wurde. Er konnte nach ihren Vorstellungen kein Mann Gottes sein.
Das Urteil war für sie eindeutig.
Zuerst hielten sie ihn für einen der vielen Wanderprediger, dann für einen Anführer einer Bewegung und Sekte und schließlich für den Feind Nr. 1, der beseitigt werden musste. Und so sorgten sie dafür, dass er beseitigt wurde. Sie taten es nicht selbst, sondern benutzten dazu die Mächtigen des Landes, die römische Besatzungsmacht. Mit Hass und Ablehnung begegneten sie Jesus.
Und wie geht Jesus mit ihnen um?
Er redet mit ihnen, versucht sie zu gewinnen, argumentiert und versucht von der Bibel her sie zu überzeugen. Er geht mit ihnen hart ins Gericht und scheut sich nicht vor harten Worten. Manchmal lässt er sich auf sie ein und manchmal ignoriert er sie einfach.
Warum lässt Jesus sich auf diese Auseinandersetzung ein?
Er tut es nicht aus Vergnügen, weil er sich gerne streitet, denn er weiß von Anfang an, was das für ihn bedeutet, sein Tod. Er tut es auch nicht, weil er einfach stur und nicht kompromissbereit ist. Er tut es, weil er einen klaren Auftrag hat, nämlich denen, die fern vom Glauben stehen, die von der Gemeinschaft des Volkes ausgeschlossen und verachtet werden, denen will er Gottes Nähe zeigen und sie in die Gemeinschaft mit Gott holen. Er bringt den Menschen keine neue, christliche Moral, sondern eine lebendige Beziehung zu Gott, wo sie angenommen werden, jeder wie er ist, um dann bei Gott neu werden zu können.
Er möchte die frommen Menschen auf der einen Seite gewinnen, mit ihm diesen Auftrag auszuführen und mit der gleichen Liebe diese Menschen aufzunehmen. Auf der anderen Seite geht er scharf gegen sie an, wenn sie versuchen, ihn daran zu hindern oder seinen Auftrag in Frage zu stellen. Er liebt sie, aber er liebt nicht ihre Haltung gegenüber denen, die Außen stehen, am Rande sind, die noch nicht dazugehören.
Er möchte sie gewinnen, aber an erster Stelle steht sein Auftrag allen Menschen die Liebe Gottes zu zeigen.
Jesus hat seine Konsequenz mit dem Tod bezahlt, denn er passte nicht in das fromme Weltbild.
Paulus macht in 1. Korinther 1 ab Vers 18 deutlich: Für die Juden, also für die Menschen, die in festen Glaubens- und Moralvorstellungen ein frommes Leben führen wollen, ist das Evangelium von Jesus Christus, ist er selbst eine Dummheit. Für die aber, die ihm glauben und sich von ihm in eine neue Gemeinschaft mit Gott führen lassen, ist das Evangelium eine Kraft Gottes, die sie neu macht und verändert.
Jesus hat dafür gelitten, er ist dafür gestorben, aber er hat in der Gemeinschaft mit Gott und in der Vollmacht Gottes seinen Auftrag erfüllt. Und am Ende stand nicht der Tod, sondern die ewige Gemeinschaft mit Gott durch die Auferstehung von den Toten.
Genauso ist es heute. Genauso geht Jesus mit uns um. Er wirbt um uns. Er möchte uns als seine Christen und als seine Kirche für seinen Plan gewinnen.
Sind wir dazu bereit oder haben wir Jesus angepasst an unsere kirchlichen fro9mmen, manchmal bildungsbürgerlichen Vorstellungen, damit wir mit ihm zurechtkommen. Aber was hat das mit dem Jesus des Neuen Testamentes zu tun, mit dem Jesus, der zum Ärgernis, zum Anstoß wurde?
Es geht Jesus nicht um christliche Moralvorstellungen.
Es geht ihm nicht um feste Formen und feste Glaubensdogmen, sondern er möchte uns gewinnen, um für ihn und mit ihm seinen Auftrag zu erfüllen, denen die Liebe Gottes bringen und ihnen die Tür zur Gemeinschaft mit Gott aufschließen, die außerhalb stehen. Und davon gibt es viele. Sie stehen außerhalb, weil ihnen nie jemand gesagt hat, was der Glaube wirklich bedeutet; – weil sie sich nicht trauen, zu uns zu kommen; weil sie mit den Formen und mit unseren Vorstellungen nichts anfangen können oder aus einem anderen Grund.
Ihnen allen möchte Jesus durch uns, durch seine Christen und seine Kirche begegnen. Deshalb wirbt er um uns, redet mit uns, aber geht auch hart mit uns um.

Und er sagt: Denen, die mir nachfolgen, die sich darauf einlassen, denen kann es genauso ergehen wie mir: Es kann sein, dass sie dafür leiden und ausgestoßen werden, vielleicht sogar von denen, die sich heute für etwas Besseres halten in der Kirche, aber sie können in der Gemeinschaft mit Gott ihren Auftrag erfüllen und in seiner Vollmacht leben, und am Ende steht nicht das Leid oder der Tod, sondern die Auferstehung und die ewige Gemeinschaft mit Gott.