Predigt zu Markus 8, 27-38 am Sonntag Estomihi
Was halten Sie von Jesus? Wer ist er für Sie?
Jeder hat ein Bild von ihm im Kopf, bewusst oder unbewusst, eine Meinung über ihn, die über einen längeren Zeitraum entstanden, geprägt worden ist durch das, was andere über ihn gesagt haben, zum Beispiel die Eltern, Medien, in Filmen oder durch Freunde, oder von dem, was Sie selber sich angeeignet oder mit Jesus erlebt haben.
Was für ein Bild von ihm haben Sie?
Vielleicht haben Sie das Bild, dass er ein netter Mensch der Geschichte war, aber keine Bedeutung für das heutige Leben. Aber ist das so, oder ist er vielleicht ganz anders. Möglicherweise dient er Ihnen als Vorbild, nach dem Sie nun versuchen zu leben. Aber kann man Jesus in einem festen dogmatischen oder ethischen System erfassen? Es kann auch sein, dass Sie ein Bild von Jesus haben, das von seiner Hilfe für Sie geprägt ist: Sie verbinden mit ihm die Hoffnung auf Hilfe, Schutz, Kraft, Verständnis und Liebe. Aber erfüllt Jesus denn unsere Hoffnungen und Erwartungen?
Wenn er das tut, was wir erhoffen, dann steigt unsere Meinung über ihn, und wir sagen: An Jesus ist wirklich was dran. Daran kann man glauben. Wenn er es aber nicht tut, dann fällt unsere Meinung über ihn. Und viele Menschen haben sich schon von Jesus abgewandt, weil sie enttäuscht wurden in ihren Erwartungen.
Nehmen wir als Beispiel die Aussage: „Gott ist Liebe!“
Viele denken: Wenn Gott Liebe ist, dann hilft er immer, wenn ich Hilfe gebrauche. Und wenn Gott hilft, dann glauben wir an ihn, wenn er es aber nicht tut, dann haben wir Zweifel, ob er uns liebt, ob er da ist, ob es ihn gibt.
Wer ist Jesus wirklich? Was kann er für uns sein. Was können wir von ihm erwarten? Lesen wir dazu den Abschnitt aus Markus 8, 27-38:
27 Und Jesus ging fort mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Und auf dem Wege fragte er seine Jünger und sprach zu ihnen: Wer, sagen die Leute, dass ich sei? 28 Sie aber sprachen zu ihm: Sie sagen, du seiest Johannes der Täufer; andere sagen, du seiest Elia; wieder andere, du seiest einer der Propheten. 29 Und er fragte sie: Ihr aber, wer, sagt ihr, dass ich sei? Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Du bist der Christus! 30 Und er bedrohte sie, dass sie niemandem von ihm sagen sollten.
31 Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. 33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh hinter mich, du Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
34 Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 35 Denn wer sein Leben behalten will, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird’s behalten. 36 Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? 37 Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? 38 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
Dieser Abschnitt bedeutet ein Wendepunkt im Evangelium, in der Beschreibung des Lebens Jesu.
Bisher wurde beschrieben, wie Jesus viele Wunder getan hat, zum Beispiel Kranke geheilt, den Sturm gestillt, auf dem Wasser gegangen ist oder 5.000 Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen satt gemacht hat.
Die Folge war, dass Massen von Menschen von Jesus begeistert waren, sie liefen ihm hinterher.
Einige sagten: Er ist Elia, andere meinten, er sei Johannes der Täufer oder ein anderer Prophet. Sie versuchten, Jesus irgendwie einzuordnen in etwas, was sie kannten. Die Entwicklung gipfelt im Bekenntnis des Petrus. „Du bist der Christus“, der Sohn Gottes, der einzigartige Gesandte Gottes. Höheres kann man von einem Menschen nicht sagen.
Aber Jesus weiß: diese hohen Meinungen haben die Menschen nur, weil er ihre Wünsche und die Sehnsüchte nach Heil und Frieden stillt, weil er ihre Erwartungen und Hoffnungen erfüllt hat. Einen solchen Jesus kann man gebrauchen. Der ist wirklich gut.
Jetzt macht Jesus klar: Das ist es nicht. Das bin ich nicht.
Ich helfe Euch zwar, aber ich bin nicht der Erfüller eurer Wünsche, nicht nur der Wundertäter. Ihr müsst Euer Bild von mir verändern, wenn Ihr wirklich zu mir gehören wollt. Mein Weg geht hinab, bis zu dem Punkt, wo ich euch nichts mehr bieten kann.
Mit diesen Versen zeigt er den ganzen Weg auf, den er noch gehen muss, seine ganze Passion, sein Leiden.
Gott steigt herab, bis er in den Augen der Menschen ein Nichts ist. Er steigt nicht nur zu den Menschen herab, sondern zum tiefsten Punkt des Menschseins, um auch den Menschen nahe zu sein, die im tiefsten Elend sitzen. Er ist nicht, der nur von oben herab ein paar Wohltaten in Form von Hilfe und Wunder verteilt, sondern er durchlebt die Niederungen des menschlichen Lebens, des Leides, der Hölle, unserer Höllen, die wir erleben können. Und mit sich selbst bringt er ein Stück Himmel in diese menschlichen Höllen und zeigt uns, dass es mit ihm auch in der tiefsten Hölle durch seine Zusage „Ich bin bei euch“ Hoffnung auf Leben gibt. In der Tiefe zeigt er uns seine grenzenlose Liebe zu Gott und den Menschen, die auch nicht davor zurückschreckt, sein Leben zu verlieren.
Das ist ernüchternd für die Jünger, die mit Jesus noch viel Großes erleben wollten.
Das konnte nicht sein: Jesus ist nicht der umjubelte Wundertäter, der mächtige Herr, der alles regeln kann. Das wollten sie nicht wahrhaben. Petrus will ihn zurückhalten. Er macht deutlich, dass sie Jesus so wollen, wie sie sich das vorstellen und nicht anders. Jesus musste so bleiben, wie sie das für gut hielten.
Seien wir mal ehrlich: Wäre das nicht auch wirklich gut für uns:
Wie viele Zweifel wären weg und der Glaube stark, wenn Jesus weiter als der mächtige Wundertäter auftreten würde. Wie viele Menschen würden glauben. Wie könnte man vor anderen mit diesem Jesus auftreten und prahlen.
Aber Jesus setzt noch einen drauf und gibt den Jüngern und uns klar zu verstehen:
Es geht nicht nur darum, dass ihr akzeptieren müsst, dass ich anders bin, als ihr es dir gedacht habt, dass ich nicht dafür da bin, um eure Wünsche zu erfüllen und eurem Bild zu entsprechen, sondern wenn ihr zu mir gehören wollt, dann musst ihr bereit sein, diesen Weg in die Tiefe mitzugehen, bereit sein, alles zurückzustellen und eventuell zu verlieren. Ihr müsst bereit sein, aus Liebe zu Gott und zu den Menschen alles hinzugeben.
Es ist einfach zu sagen, du bist Christus, ich will zu dir gehören, wenn man Wunder sieht, wenn es einem gut geht, wenn Gott uns unsere Wünsche erfüllt. Aber einfach so mit Jesus gehen: Wer macht das?
So kann dies auch ein Wendepunkt unseres Glaubens sein:
Wenn wir anfangen zu glauben, dann fragen wir, ob Jesus uns hilft, uns nützlich ist, ob Gott eine Hilfe für unser Leben ist. Jetzt lautet die Frage Jesu: Vertraut ihr euer Leben mir ganz an, auch wenn es scheinbar nicht gut ist für euch und euch anscheinend keine Vorteile bringt?
Vor dieser Frage stehen auch in unserer Zeit viele Christen. Sie haben oft keine Vorteile durch den Glauben, erfahren oft nicht seine Hilfe und keine Wunder. Und dennoch wollen und sollen sie treu sein in der Liebe zu Gott und den Menschen.
So stellt Jesus auch uns hier zwei Fragen:
Seid ihr bereit, euer Bild, eure Meinung über mich zu verändern und mich so kennen zu lernen, wie ich wirklich bin?
Liebt ihr mich dann auch noch, wenn ich euch nichts biete? Vertraut ihr mir dann auch noch, wenn ich andere Wege gehe? Wollt ihr auch dann noch zu mir gehören, wenn es euch Leid bringt?
Seid ihr bereit, mir einfach zu folgen, egal wohin der Weg geht,
ohne Vorbedingung und ohne Erwartungen, genauso wie ich mich ohne Vorbedingung und ohne Erwartung auf euch einlasse?
Jesus sagt: Richtig kennen lernen könnt ihr mich nur, wenn ihr aus der Beobachterrolle rauskommst und mich nicht wie einen Film anseht. Wenn ihr mich nicht danach beurteilst, ob ich eure Erwartungen erfülle, sondern wenn ihr euch einfach auf mich einlasst und mit mir geht.
Die Jünger standen damals vor der Frage: Was machen wir jetzt?
Bleiben wir stehen, wenden wir uns ab, so wie es viele getan haben, oder gehen wir mit Jesus weiter?
Wie ist das mit Ihnen? Bleiben Sie stehen, wenden Sie sich ab oder gehen Sie mit Jesus?
Zum Schluss noch ein kurzer Nachtrag: