Predigt zu Matthäus 8, 5-13 am 4. Sonntag nach Epiphanias
Heute wollen wir uns mit einem gestandenen Mann beschäftigen,
ein richtiger Mann, kein Schwächling, der bei jedem Problem nach dem Rockzipfel der Mutter griff, um sich auszuweinen. Der Mann der Bibel war ein Hauptmann der großen römischen Armee. Er war es gewohnt Entscheidungen zu treffen, Befehle zu geben und umzusetzen. Er war nicht ganz oben, aber er hatte eine gute Position. Wenn er zu seinen Untergebenen etwas sagte, dann passierte das. Er verfügte über Entscheidungs- und Handlungskompetenzen. Die Probleme, die auftraten, hatte er im Griff. Er kannte aber auch seine Grenzen, denn natürlich gab es Bereiche, wo er nichts zu sagen hatte. Aber da kannte er dann Leute, die da etwas zu sagen hatten und eventuelle Probleme für ihn lösen konnten. Eigentlich befand er sich in einer sehr guten Lage. Aber dann tauchte ein Problem auf, das weder er noch seine „guten Beziehungen“ lösen konnten. Er brauchte jemand, der Macht über diesen Problembereich hatte, der nur etwas anordnen musste, um das Problem zu lösen. Er selbst und seine „Beziehungen“ waren mit ihrem Latein am Ende. Solche Situationen gibt es selbst bei den stärksten Menschen.
Kennen Sie das: am Ende sein, an die eigenen Grenzen kommen und auch niemand haben, der das Problem lösen kann?
Vielleicht bei einem Beziehungsproblem, ein fachliches Problem in der Firma, wo es trotz allen Nachdenkens keine Lösung gibt oder ein persönliches Problem, aus dem Sie nicht herauskommen.
Nun aber zu unserer Geschichte aus Matthäus 8, 5-13:
5 Jesus kam nach Kafarnaum. Da trat ein Hauptmann, ein Nichtjude, an ihn heran und bat ihn um Hilfe: 6 »Herr«, sagte er, »mein Diener liegt gelähmt bei mir zu Hause und hat furchtbare Schmerzen!« 7 Jesus fragte ihn: »Soll ich etwa kommen und ihn gesund machen?« 8 Der Hauptmann erwiderte: »Herr, ich weiß, dass ich dir, einem Juden, nicht zumuten kann, mein Haus zu betreten. Aber sag nur ein Wort und mein Diener wird gesund. 9 Auch ich unterstehe höherem Befehl und kann meinen Soldaten Befehle erteilen. Wenn ich zu einem sage: ‚Geh!‘, dann geht er; wenn ich zu einem andern sage: ‚Komm!‘, dann kommt er; und wenn ich meinem Diener befehle: ‚Tu das!‘, dann tut er’s.« 10 Als Jesus das hörte, staunte er und sagte zu den Leuten, die ihm folgten: »Wahrhaftig, solch ein Vertrauen habe ich in Israel nirgends gefunden! 11 Doch ich sage euch: Viele werden kommen, aus Ost und West, und zusammen mit Abraham, Isaak und Jakob in Gottes neuer Welt zu Tisch sitzen. 12 Aber die Menschen, die bis jetzt das Anrecht darauf hatten, werden in die Dunkelheit hinausgestoßen. Dort gibt es nur noch Jammern und Zähneknirschen.« 13 Dann sagte Jesus zu dem Hauptmann: »Geh nach Hause! Wie du es im Vertrauen von mir erwartet hast, soll es geschehen.« Zur selben Stunde wurde sein Diener gesund.
Denken Sie einmal nach: Kennen Sie solche Erlebnisse mit Jesus
aus Ihrem Leben oder von anderen Menschen? Halten Sie das für möglich, dass Ihnen so etwas passieren kann? Trauen Sie Jesus das zu? Es macht mich manchmal traurig, wenn ich sehe, was wir auch in der Kirche aus Jesus machen: einen lieben netten Menschen aus vergangener Zeit, dessen Geschichten ganz nett sind; einen Religionsstifter unter vielen, der aber eigentlich auch überflüssig ist; ein niedliches Kind, klein, ohnmächtig und süß. Aber Jesus: alle Macht im Himmel und auf Erden, der einzige rettende Weg zu Gott? Ist das nicht Kinderglaube, zu fromm, ein Glauben für Schwächlinge, für Zurückgebliebene?
Der Hauptmann weiß: Wenn er sich an Jesus wendet, dann weiß der mit seinem Anliegen richtig umzugehen; der hat die Macht, mit seinen Problemen fertig zu werden; der muss nur sagen: So soll es sein, und dann wird es so geschehen.
Ich möchte Ihnen drei Beispiele erzählen, wo Menschen diese Macht Jesu erlebt haben:
Da war ein Chefingenieur der Salzgitter AG, der mit seinem Team kurz vor der Fertigstellung einer Brücke ein großes Problem hatte: Trotz aller Berechnungen passte das letzte Teilstück nicht. In der letzten Teambesprechung sagte er mit Überzeugung: „Da hilft nur noch beten“. Am nächsten Tag passte alles, auch wenn sie nicht wussten, warum.
Ein Mann hatte ein Problem mit seinem Computer, das weder er noch hinzugezogene Computerspezialisten lösen konnten. Dann bat er Gott und sagte: Gott, du kennst dich mit Computern besser aus als jeder Experte. Wenn du willst, kannst du mir helfen.“ Beim nächsten Start des Computers war das Problem gelöst.
Eine ältere Frau litt unter furchtbaren Kopfschmerzen und kein Arzt konnte ihr helfen. Sie bat ihren Pastor, für sie zu beten. Unter Handauflegung bat der Pastor Gott um Heilung und die Kopfschmerzen verschwanden.
Ist das alles fromme Duselei oder Einbildung, oder sind es Beispiele, in denen Jesus seine Macht gezeigt hat?
Beten Ist sicherlich kein Wunschkonzert
nach dem Motto: mal eben beten und dann passiert es, sondern es ist tiefes Vertrauen in Gottes Liebe, Fürsorge und Macht. Es gibt sicher genauso viele oder mehr Beispiele, in denen Gott auf den Wunsch eines Gebetes nicht entsprechend reagiert hat, aber es gibt auch Erfahrungen, in denen Gott mit seiner Macht eingegriffen hat. Warum Gott wann etwas tut oder nicht tut, sollten wir voller Vertrauen in seine Liebe ihm überlassen. Beten entbindet uns auch nicht davon, selbst etwas zu tun. Das Gebet ist kein Ruhekissen, um es sich bequem zu machen nach der Devise: „Da Gott alles besser macht als ich, soll er es machen. Ich bete und überlasse alles andere Gott.“ Da, wo wir etwas zu sagen haben, entscheiden können, Macht haben, sollen wir etwas tun – wie der Hauptmann. Für das, was wir tun können, sind wir auch verantwortlich, und Gott wird uns einmal fragen: Was hast du getan mit den Gaben, die ich dir anvertraut habe. Aber Beter sind auch keine Schwächlinge, die sich ab und zu mal ausweinen müssen, keine frommen Fanatiker, die nicht mit beiden Beinen auf der Erde stehen, sondern
Beter sind Realisten Gottes, Menschen, die in ihrem Leben mit der Wirklichkeit Gottes rechnen.
Beten heißt, darauf vertrauen, dass Gott die Macht hat, in unsere Wirklichkeit einzugreifen und die Probleme nach seinem Willen anzugehen. Jesus sagt: Solchen Glauben habe ich in Israel, im Volk Gottes nicht gefunden. Was für einen Affront gegen die frommen Juden damals: nicht bei den Schriftgelehrten, Pharisäern, Priestern, Jüngern, sondern bei einem Heiden, der gar nicht dazu gehört, findet er diesen Glauben. Und weiter sagt er: Es werden von überall Menschen kommen, die so glauben. Aber die Menschen aus dem Volk Gottes werden nicht dabei sein
Gibt es solchen Glauben unter uns? Was würde Jesus bei uns sagen:
Solchen Glauben habe ich bei den Kirchgängern nicht gefunden, aber es werden andere Menschen kommen. Aber die, die jetzt da sind, werden nicht dabei sein? Das ist hart! Wie würden wir reagieren? Unverschämt! So was kann er doch gar nicht sagen, oder? Wenn Jesus das über die Juden sagt, lässt sich das ertragen, aber über uns?
Aber Jesus sagt das weder bei den Juden noch bei uns, um uns abzustoßen, sondern um uns einzuladen zu einen neuen lebendigen Glauben, der ihm vertraut. Wie schnell passiert es, dass unser Glaube zur Routine wird, zur Gewohnheit, aber ohne Kraft, zu einem müden Rinnsal.
Was können oder sollen wir tun? Ich möchte Ihnen zwei Dinge empfehlen:
Einen Rollentausch vornehmen:
Wir sind es heute gewohnt, über allen Dingen zu stehen. Mit unserem Verstand und unserem enormen Wissen haben wir fast alle Geheimnisse der Welt entschlüsselt und können sie einordnen und beurteilen. Das ist gut so, denn es bringt uns in der Welt voran, aber es macht uns auch leicht hochmütig, dass wir denken, wir können alles, und was wir nicht können, kann keiner. Problematisch wird es, wenn wir dieses Denken auch auf den Glauben, auf Gott übertragen. Wenn wir so mit Gott, mit Jesus umgehen, dann machen wir ihn klein, stellen ihn unter uns. Wir ordnen ihn ein und bestimmen, welchen Platz er hat. Der Philosoph Martin Heidegger sagt über unsere Zeit: „Keine Zeit hat so viel und so mannigfaltiges vom Menschen gewusst wie die heutige und keine Zeit wusste weniger, was der Mensch sei als die unsrige.“ Das kann man auch auf Gott übertragen: Keine Zeit hat so viel und so mannigfaltiges von Gott gewusst wie die heutige und keine Zeit wusste weniger, was Gott sei als die unsrige. Wir müssen wieder lernen, zu erkennen, dass Jesus größer und mächtiger ist als wir.
Einfach glauben!
Wo hat der einfache Glaube, der sogenannte Kinderglaube Platz in unserem Leben und in unserer Gemeinde? Diskussionen über theologische, allgemein religiöse und wissenschaftliche Fragen finden allgemeinde Anerkennung. Das hört sich so schön akademisch, gehoben und distanziert an. Dagegen ist nichts zu sagen, aber wenn es dabei bleibt, verwöhnen wir nicht nur unseren Verstand, sondern auch unsere Eitelkeit, und wir verlieren die Fähigkeit, einfach zu glauben, zu vertrauen. Viel wichtiger ist es, einfach zu glauben und darüber einfach zu reden, dass Jesus mein Herr ist, der über mir steht, und dass er der ist, der mich liebt, der sein Leben für mich hingegeben hat; dass er meine Hoffnung und mein Halt ist im Leben und Sterben; dass ich von den Taten berichte, die er in meinem Leben und unter uns getan hat. Lassen Sie uns das wieder lernen: einfach zu glauben, Jesus zu vertrauen und einfach darüber zu reden.