Die Dreieinigkeit Gottes – Trinitätslehre
Die Rede von der „Dreieinigkeit Gottes“ gehört zu den grundlegenden Bekenntnissen unseres christlichen Glaubens und gleichzeitig ist es eines der schwierigsten Themen in der christlichen Dogmatik.
Zunächst eine kurze Begriffserklärung: Dogma bezeichnet einen Lehrinhalt der Kirche, während Dogmatik die theologische Wissenschaft der christlichen Lehre bezeichnet.
Es gibt zwei Herangehensweisen an dieses Thema:
Die einfache biblische:
Die Bibel redet in dreifacher Weise von Gott als dem Schöpfer, dem Sohn als Retter und dem Heiligen Geist als Tröster. Dabei spielt es keine Rolle, wie das Verhältnis der drei untereinander und in Bezug zu uns zu verstehen ist. Es ist einfach immer Gott, der da wirkt.
Die theologisch, dogmatische:
Dabei muss man sich die Mühe machen, sich mit der Entstehungszeit dieser Lehre zu beschäftigen, der religiösen und philosophischen Auseinandersetzung und Begrifflichkeit. Das ist nicht einfach, manches auch für uns heute nicht mehr verständlich, aber die Intention der komplizierten Begrifflichkeit bleibt auch für uns noch interessant.
Die theologisch dogmatische Herangehensweise:
Das Dogma entstand auf dem Konzil von Nizäa und findet ausführlichsten Niederschlag im nizaenischen Glaubensbekenntnis, dem sogenannten „Nizaenum“, das sowohl für die katholische als auch für die orthodoxe und evangelische Kirche zu den Bekenntnisgrundlagen gehört. Wir finden es aber auch in Dreiteilung des apostolischen Glaubensbekenntnisses.
Zur Vorgeschichte des Dogmas:
In der christlichen Frömmigkeit der ersten Jahrhunderte war von Anfang an die biblische Rede von den drei Personen Gottes (Vater, Sohn, Heiliger Geist), die jeweils eine eigene Bedeutungen haben, allgegenwärtig, und auch in der liturgischen Anbetung gab es zahlreiche triadische (dreiteilige) Formeln, die Vater, Sohn und Heiliger Geist beinhalteten.
In der theologischen Auseinandersetzung gab es aber zahlreiche Fragestellungen mit unterschiedlichen Antworten, zum Beispiel:
Bestand in Jesus eine Einheit oder Trennung von Gott und Mensch?
Sind Vater, Sohn und Heiliger Geist nur andere Namen und Erscheinungsformen für den einen Gott, wie es die Richtung des „Modalismus“ verstand?
Sind alle drei gleich oder sind sie einander untergeordnet?
Waren alle drei schon immer da oder sind es durch Jesus erst drei geworden? War also Jesus, bevor er Mensch wurde, auch schon Teil der Dreieinigkeit?
Hat Gott ein negatives Verhältnis zur Schöpfung, wie es Teile der Gnosis lehrten? Sind Jesus und der Heilige Geist Mittelfiguren zwischen Gott und der Welt oder hat Gott als Ganzes eine positive Beziehung zur Welt/Schöpfung?
Das Dogma von Nizaea:
Zentrale Formulierung im nizaenischen Bekenntnis ist die Aussage: ein Wesen, drei Personen.
Wesen bedeutet, die Macht da zu sein, ohne dass seine Existenz von etwas anderem abhängig ist. Im Lateinischen steht dafür das Wort „esse“ als Grundform, im Deutschen „sein“, davon abgeleitet „essentia“, das Seiende oder substantia, die Substanz. Im Gegensatz dazu stehen Akzidenzen. Akzidenzen brauchen etwas, um da zu sein, zum Beispiel braucht Farbe eine Grundlage. Gott braucht nicht den Menschen, um zu sein, sondern er hat die Macht aus sich selbst zu sein. Nach der Philosophie der Griechen brauchten die Gottheiten die Gedanken des Menschen. Ohne diese Gedanken existieren sie nicht. Danach ist Gott nur ein Gedanke. Die Götterstatuen brauchen das Handwerk des Menschen, ohne dem sie nicht existieren können. Die Götter sind also ein Produkt von Menschen. Insofern sind sowohl in der griechischen Philosophie als auch bei den Götterstatuen in verschiedenen Religionen die Gottheiten von Menschen abhängig und existieren nicht aus sich selbst heraus. In manchen Religionen ist die Wirksamkeit der Götter auch abhängig vom Wohlwollen und von Opfern der Menschen. Der christliche Gott braucht das nicht. Er ist sich selbst genug und braucht niemanden für seine Existenz.
Der einzige Gott ist der, der er ist „Ich bin, der ich bin“, so stellt Gott sich Mose in 2. Mose 3, 14 vor. Vom Hebräischen her ist auch die Übersetzung „Ich werde sein, der ich sein werde“ möglich. Beide Übersetzungsmöglichkeiten drücken das Ewig-Seiende Gottes aus. Gott sagt damit, ganz gleich, was wir über ihn denken oder wie wir mit ihm umgehen, er ist unabhängig von allen Bedingungen. Alles andere ist abhängig, bedingt.
So sagt das nizaenische Glaubensbekenntnis, dass es drei Personen gleichen Wesens gibt.
Das Wort „Person“ kommt vom Lateinischen „Persona“. „Persona“ bedeutet eigentlich eine Maske im Theater, bzw. eine Rolle im Theater. „Per“ heißt „durch“ und „sona“ kommt von „sonare“, tönen, hindurchtönen. Das eine Wesen begegnet uns also auf drei unterschiedliche Weise.
Daraus könnte man schließen, dass der eine Gott drei Rollen spielt, drei Erscheinungsweisen hat. Das wird in der Theologie als Modalismus bezeichnet, der aber abgewehrt wird. Jede Person besteht in sich selbst, ewig, unabhängig und doch ist die Essenz, die Substanz immer die gleiche, nicht trennbar, zum Beispiel in seiner Macht und Liebe.
Mit der Trinitätslehre versucht man verschiedene Lehren oder Missverständnisse des Glaubens abzuwehren, zum Beispiel:
Christen sind keine Atheisten. Deshalb wird der griechisch, philosophische Gottesbegriff gebraucht.
Der Christliche Glaube ist keine Philosophie über Gott, sondern Gott ist Gott, unabhängig und in sich selbst vollkommen.
Christen beten nicht mehrere Götter an, sondern nur einen Gott. Es gibt keinen Tritheismus.
Das Wirken Gottes in der Schöpfung, in der Erlösung, in der Kirche ist nicht unterschiedlich, sondern vom gleichen Wesen bestimmt.
Es sind nicht nur Erscheinungsweisen (Modalismus), sondern selbständig wirkende Einheiten des einen Gottes.
Die Trinitätslehre ist keine Erfindung der Theologen, sondern man versucht intellektuell zu bewältigen, wovon die Bibel in einfacher Sprache redet, und um sich abzugrenzen von Weltanschauungen und christlichen Strömungen der damaligen Zeit.
Die Reformatoren standen dieser theoretischen Trinitätslehre eher distanziert gegenüber.
Luther war die Lehre zu philosophisch abstrakt. Er wünschte sich eine mehr auf das Heilswirken Gottes bezogene Trinitätslehre. Calvin und Melanchton waren reserviert bis skeptisch, und auch Erasmus von Rotterdam konnte dem wenig abgewinnen.
Das Apostolische Glaubensbekenntnis wurde als biblischer angesehen, während das Nizänum und Athanasium als zu philosophisch zurückgestellt wurden. In Ablehnung zu aufkommenden unitarischen Sekten, die die Dreieinigkeit Gottes und die Göttlichkeit Jesu ablehnten, und um die Verbindung zur kirchlichen Tradition zu wahren, hat man die überkommene Trinitätslehre als Lehre übernommen.
Im Augsburger Bekenntnis (CA), heißt es in Artikel 1: Von Gott
Zuerst wird einträchtig laut Beschluss des Konzils von Nicäa gelehrt und festgehalten, dass ein einziges göttliches Wesen sei, das Gott genannt wird und wahrhaftig Gott ist, und dass doch drei Personen in diesem einen göttlichen Wesen sind, alle drei gleich mächtig, gleich ewig: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Alle drei sind ein göttliches Wesen, ewig, unteilbar, unendlich, von unermesslicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Unter dem Wort „Person“ wird nicht ein Teil, nicht eine Eigenschaft an einem anderen Sein verstanden, sondern etwas, was in sich selbst besteht (selbständig ist), so wie die Kirchenväter in dieser Sache dieses Wort gebraucht haben. Deshalb werden alle Irrlehren verworfen, die diesem Artikel widersprechen.
In der weiteren evangelischen Kirchengeschichte
finden wir in der lutherischen Orthodoxie eine Rückkehr zur abstrakten philosophischen Diskussion und in deren Folge im Pietismus eine Abwendung von der philosophischen Diskussion hin zur persönlichen Anbetung und Beziehung. In der Folgezeit verliert das Dogma immer mehr an Bedeutung. Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist werden als Drei in eins gesehen und angebetet, aber die philosophische Diskussion des frühen Mittelalters wird nicht wiederholt. Das Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes bleibt philosophisch unergründbar.
Was kann uns die Trinitätslehre heute noch sagen?
Mit der dogmatischen Auseinandersetzung des 4. Jahrhunderts kann man heute sicher wenig anfangen, da uns ganz andere Fragestellungen in einem völlig veränderten philosophischen Umfeld bewegen.
Wichtig aber für uns sind immer noch folgende Punkte:
Gott ist kein Gedanke, sondern unabhängig von uns Menschen da. Wir können Gott nicht mit Nicht-Glauben bestrafen oder gar abschaffen.
Das göttliche Wesen ist die vollkommene Liebe. Und darin findet die Dreiheit ihre Einheit.
Als Liebende sind sie eigenständig, aber durch die vollkommene Liebe auch eins. Nichts kann sie durch diese Liebe trennen.
Was sagt die Lehre von der Dreieinigkeit mir persönlich, ohne hohe philosophisch theologische Dogmatik?
Gott ist nicht nur der ferne, allmächtige, erhabene, unnahbare Gott, dem sich niemand nähern kann und der nicht zu erkennen ist, sondern ich erkenne Gott im Angesicht Jesu Christi. Er ist für uns Menschen verständlich geworden. Und er ist gegenwärtig erfahrbar, nicht sichtbar, in seinem Geist. Er ist mir nahe, in mir und unter uns.
Gott ist kein statischer Gott, der im Himmel thront, der unbeweglich ist, sondern er hat eine Dynamik in sich, in der Dreiheit, in der göttlichen Beziehung der Liebe zueinander. Und so begegnet Gott mir nicht statisch durch Begriffe oder Gesetze, sondern als jemand, der eine Beziehung der Liebe zu mir sucht.
Gottes Wirken ist unterschiedlich in der Schöpfung, in der Rettung, in der Begleitung, aber es ist immer vom selben Wesen bestimmt.
Wenn ich bete, bete ich zu Gott, als dem Vater, dem Sohn oder dem Heiligen Geist. Es ist immer Gott. In der Dreieinigkeit gibt es keine Eifersucht. Ich bete, weil mir der Zugang zum Vater durch Jesus Christus geöffnet ist und der Heilige Geist in mir wirkt.
Das Wesen Gottes, was die drei miteinander verbindet, ist die vollkommene Liebe. Und ich darf als Mensch an dieser Einheit der Liebe teilhaben, werde mit hineingenommen, in diesem Leben und bis in die Ewigkeit hinein. (1. Johannes 4, 16)